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Neue Gentechnik bringt alte und neue Risiken

Neue Verfahren der Erbgutmanipulation - dazu zählen auch „Genome Editing“-Techniken wie CRISPR - bergen nach Ansicht einer Wissenschaftlerin altbekannte, aber auch neue Risiken. Sie empfiehlt, dass auch bei diesen Methoden die Gentechnik-Sicherheitsvorschriften gelten müssen. Genau davon könnte die EU-Kommission die Techniken aber bald freisprechen.

Die Molekularbiologin Ricarda Steinbrecher von der nicht-kommerziellen Forschungsorganisation Econexus aus Großbritannien hat einen Bericht zu den neuen Techniken verfasst. Darin schreibt sie: die Risiken seien oft ähnlich wie die „älterer“ Gentechniken. Doch gebe es auch neue Unsicherheiten, viele Details verstünden auch die Anwender solcher Techniken nicht.

Steinbrecher konzentriert sich in dem Bericht an einer Liste von Techniken, die die EU bis Ende des Jahres einstufen will. Von dieser Entscheidung Brüssels hängt ab, ob und wie die Verfahren und die Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen, die damit entwickelt werden, reguliert werden. Sollten sie nicht als Gentechnik eingestuft werden, so müssten die Produkte auch keine Risikobewertung durchlaufen oder gekennzeichnet werden.

Bei den oft als „Genome Editing“ bezeichneten Verfahren stellt Steinbrecher klar: trotz der von vielen Forschern, Firmen oder Wissenschaftsjournalisten beschworenen „Punktgenauigkeit“ könnten unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. So könnte die Zinkfingernuklease-Technik (ZFN), bei der kurze DNA-Sequenzen mit Methoden der herkömmlichen Gentechnik in die Zelle eingeführt werden, nicht nur kleine Veränderungen oder Löschungen im Erbgut hervorrufen. Denn ZFN sei auch dafür „bekannt“, an anderen Stellen als am eigentlichen Ziel anzudocken. Das könne zu unerwünschten Änderungen führen – die Pflanze könne beispielsweise mehr Giftstoffe und weniger Nährstoffe produzieren.

Den zelleigenen Reparaturmechanismus, der beim „Genome Editing“ ausgenutzt wird, versteht die Wissenschaft nach Ansicht Steinbrechers noch gar nicht wirklich. Dennoch beruhen viele Techniken darauf, auch CRISPR-Cas oder die Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese (OgM). Bei ihr werden Bausteine der DNA oder RNA zunächst künstlich hergestellt und in die Zielpflanzen eingebracht. Dadurch können neue Eigenschaften entstehen, zum Beispiel eine Resistenz gegen Herbizide. Das ist der Fall bei Rapspflanzen der Firma Cibus. Das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz sieht in ihnen „keine gentechnisch veränderten Organismen i.S.d. Gentechnik-Gesetzes“.

Doch laut Steinbrecher können dabei auch ungewollte Mutationen auftreten, die dann unter anderem zu höherem Toxingehalt führen können. Zudem könnten die Oligonukleotide Zellmechanismen durcheinander bringen, Gene könnten stillgelegt werden. Dies könne über viele Generationen weitervererbt werden, meint Steinbrecher. Auch hier verstehe man viele Faktoren noch nicht.

Während das Risiko von ungewollten Erbgutveränderungen auch bei der „klassischen“ Gentechnik besteht, identifiziert Steinbrecher bei den neuen Techniken auch neue Unwägbarkeiten. So bei dem Verfahren mit dem sperrigen Namen „RNA-abhängige DNA-Methylierung“ (RaDM). Dabei wird die DNA nicht direkt verändert, sondern durch Hinzufügen von Methylgruppen Gene abgeschaltet, um so die Eigenschaften der Pflanze zu steuern. Die RNA kann per Fremdgen, per Virusinfektion oder als Spray eingebracht werden. Die neue Eigenschaft sei dann zwar nicht unbedingt von Dauer, trotzdem aber über mehrere Pflanzengenerationen vererbbar. Wann und wie sie wieder erlöscht, sei bislang nicht vollständig bekannt, so Steinbrecher.

Doch neben den Zielgenen könnten auch andere Abschnitte des Erbguts stillgelegt werden. Dadurch sei ein höherer Gift- oder ein anderer Nährstoffgehalt möglich. Zudem könnten nicht vorhersehbare Effekte auftreten. Wenn doppelsträngige RNA eingeführt wird, wie beispielsweise bei den Sprays, könnten deren Moleküle in die Nahrungskette gelangen. Dies könne negative Auswirkungen auf Tiere oder Menschen, die die Pflanzen verzehren, haben – durch das Abschalten „vitaler“ Gene. Weitreichende ökologische oder gesundheitliche Konsequenzen seien möglich, warnt Steinbrecher. Sie sieht darin eine neue Qualität an Risiken. [dh]

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