Die Molkerei Berchtesgadener Land im südostbayerischen Piding hat ihren Landwirten verboten, Glyphosat einzusetzen. Sie ist bundesweit die erste große Molkerei, die ihren Lieferanten eine solche Auflage macht.
Der Anlass für die Entscheidung war die Beschwerde eines Verbrauchers, der eine mit Glyphosat behandelte Futterwiese entdeckt und festgestellt hatte, dass diese einem Lieferanten der Mokerei gehörte. Diese reagierte schnell auf entsprechende Medienberichte: Vorstand und Geschäftsführung der als Genossenschaft organisierten Molkerei schlugen ein Glyphosatverbot vor. Der Aufsichtsrat nahm den Vorschlag einstimmig an. Mit sofortiger Wirkung verbietet die Molkerei ihren Lieferanten „die Anwendung jeglicher Totalherbizide in der Grünland- und Ackerbaubehandlung“. Das Verbot soll umgehend in die Lieferbedingungen aufgenommen und die Einhaltung extern kontrolliert werden.
„Es gibt in unserem Milcheinzugsgebiet keine Notwendigkeit, ein Totalherbizid einzusetzen, dessen wissenschaftliche Bewertung hinsichtlich Auswirkungen auf Mensch und Umwelt kontrovers ist“, begründete Geschäftsführer Bernhard Pointner die Entscheidung der Molkerei. Er ist sich sicher, dass sie von den Genossen, also den anliefernden Landwirten, mitgetragen wird: „Unsere Landwirte wissen als Unternehmer genau, dass ihr Milchgeld vom Endverbraucher kommt. Und was der Endverbraucher von Glyphosat hält, brauchen wir niemandem von unseren Mitgliedern erklären“, sagte Pointner gegenüber der taz. Er forderte die deutsche Politik auf „sich endlich für ein schnelles Glyphosatverbot stark zu machen.“ Dazu hat sie am 9. November Gelegenheit, wenn in der EU die nächste Abstimmung ansteht, ob und für wie lange Glyphosat noch einmal zugelassen wird.
Kritische Anmerkungen zu dem Verbot kamen vom Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM). Dessen Pressesprecher Hans Foldenauer sprach gegenüber dem Traunsteiner Tagblatt von einem „Einschnitt in die noch gesetzlich zugelassene Bewirtschaftungspraxis“ und befürchtete Wettbewerbsnachteile „in Form eines höheren Bewirtschaftungsaufwands“. Er ging auch davon aus, dass andere Molkereiunternehmen dem Beispiel folgen werden: „Ähnlich ist es mit der Vorgabe, seine Tiere mit gentechnisch freien Futtermitteln zu füttern, gelaufen“.
Die Berchtesgadener Molkerei verarbeitet die Milch von 1.800 Landwirten zwischen Watzmann und Zugspitze. 500 von ihnen sind Bio-Bauern und wenden sowieso keine Herbizide an. 1.300 wirtschaften konventionell und durften bisher Glyphosat und andere Totalherbizide spritzen. Ihre Milch vertreibt die Molkerei unter der Marke „Bergbauernmilch“. Das Unternehmen sieht sich selbst „konsequent auf dem Weg, sein Wirtschaften an den Leitplanken der Nachhaltigkeit auszurichten.“ Die konventionellen Landwirte setzen seit 2010 keine gentechnisch veränderten Futtermittel mehr ein. Die Molkerei macht sich für Homöopathie im Kuhstall stark und zahlt den Erzeugern mit die höchsten Milchpreise bundesweit. Für dieses Engagement wurde sie als mittelgroßes Unternehmen für den 10. Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert, der im Dezember verliehen wird. [lf]