Die EU-Kommission will bis zum 5. März 2018 entscheiden, ob der Chemiekonzern Bayer den amerikanischen Saagutgiganten Monsanto kaufen darf. Sie hat die Frist damit erneut um zwei Monate verlängert. Bayer teilte mit, dass es im Fall der Übernahme Teile seines Geschäfts mit Pestiziden und Saatgut an das Konkurrenzunternehmen BASF verkaufen wird.
Seit Juli unterzieht die EU-Kommission den geplanten Zusammenschluss von Bayer und Monsanto einer vertieften Prüfung – und nimmt sich dafür jetzt mehr Zeit als ursprünglich geplant. Die wird sie auch brauchen, um sich mit einer Studie des University College London auseinanderzusetzen. Deren Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass der von Bayer geplante Kauf Monsantos dem EU-Recht widerspreche. Daher sei die Kommission selbst bei einer engen Auslegung des EU-Wettbewerbsrechts gezwungen, den Zusammenschluss zu untersagen.
Denn er würde den Wettbewerb weiter reduzieren, moniert die Studie. Mit ChemChina-Syngenta, DuPont-Dow and Bayer-Monsanto würden drei internationale Konzerne rund 64 Prozent des weltweiten Pestizidmarktes und 60 Prozent des Marktes für patentiertes Saatgut beherrschen. Diese Marktmacht würde zu erhöhten Preisen führen. All-inclusiv-Pakete aus Saatgut, Pestiziden und digital-farming-Produkten würden die Landwirte technologisch abhängig machen.
Dieses Problem lasse sich auch nicht dadurch lösen, dass die beiden Konzerne einzelne Unternehmensteile verkaufen, meinen die Wissenschaftler. Der Markt sei bereits so konzentriert, dass solche Verkäufe die negativen Effekte der Fusion auf den künftigen Wettbewerb auf dem Saatgutmarkt nicht ausgleichen könnten. Außerdem würde die Kontrolle der drei Mega-Konzerne über die globale Lebensmittelkette alternative Lösungsansätze und nachhaltigere Formen der Landwirtschaft abwürgen. Die Wissenschaftler empfehlen der EU-Kommission auch, ihre Untersuchung der Fusion breiter anzulegen und die kompletten sozialen und ökologischen Folgekosten in Ansatz zu bringen. Die Fusion führe wahrscheinlich zu erheblichen Risiken für die Ernährungssicherheit, die Artenvielfalt und die Lebensmittelqualität.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager habe genug Argumente, die unheilige Allianz von Bayer und Monsanto zu blockieren, kommentierte Adrian Bebb von Friends of the Earth Europe die Ergebnisse der von seinem Verband in Auftrag gegebenen Studie. Er erinnerte daran, dass mehr als 200 Organisationen der Zivilgesellschaft und rund 900.000 EU-Bürger die Kommissarin aufgefordert hatten, die Mega-Fusionen im Agrarbereich zu verhindern.
Als wahrscheinlicher gilt, dass die Kommissarin sich wie bei den anderen beiden Fusionen auf einzelne Auflagen beschränken wird. Bayer hat bereits mitgeteilt, Teile seines Geschäfts mit Pestiziden und Saatgut an den Mitbewerber BASF zu verkaufen, falls die Fusion genehmigt werde. Betroffen davon wären das weltweite Geschäft mit dem Herbizid Glufosinat und das dazugehörige gentechnisch veränderte Saatgut der Marke LibertyLink. Auch das Geschäft mit Sojasaatgut und Baumwolle in wichtigen Märkten sowie die Rapsgeschäfte in Nordamerika und Europa würde Bayer abgeben. BASF will für diese Unternehmensteile, die einen Jahresumsatz von rund 1,3 Milliarden Euro haben, 5,9 Milliarden Euro in bar bezahlen.
Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) sprach von einem Bauernopfer. „Der Deal mit BASF ändert an der dominanten Stellung, die Bayer nach dem Schlucken von Monsanto im Bereich Landwirtschaft einnehmen würde, gar nichts“, kritisierte Jens Wegener von der CBG. Er zählt auch die vom Verkauf betroffenen 1.800 Belegschaftsangehörigen des Konzerns zu den Verlierern. Ihnen stünde unter dem BASF-Dach eine ungewisse Zukunft bevor. [lf]