Anwendung von Glyphosat / Foto: Flickr.com / Paul Schulze, Lizenziert unter Creative-Commons (CC-BY 4.0)

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Deutschland beschert Europa Glyphosat bis 2022

Der Unkrautvernichter Glyphosat wird für weitere fünf Jahre zugelassen. 18 von 28 Mitgliedsländern der Europäischen Union stimmten heute in Brüssel für einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission, teilte eine Sprecherin mit. Auch Deutschland votierte dafür, obwohl Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sich bis zuletzt dagegen gewehrt hatte. Die SPD-Ministerin kritisierte das als „Vertrauensbruch“ der Union.

Noch heute Mittag habe ihr CSU-Kollege Schmidt aus dem Agrarministerium per SMS den bestehenden Dissens bestätigt, so Hendricks in einer Presseinfo. Das hätte bedeutet, dass Deutschland sich bei der Abstimmung wie in der Vergangenheit hätte enthalten müssen, und die Mehrheit wäre verfehlt worden. „Offenbar ist zur gleichen Zeit an den Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Brüssel eine andere Weisung ergangen, als sie zwischen uns abgestimmt war“, mutmaßte die Ministerin. „Jeder der an Vertrauensbildung zwischen Gesprächspartnern interessiert ist, kann sich so nicht verhalten.“ Hendricks spielte damit auf die aktuell anvisierten Koalitionsverhandlungen der CDU/CSU mit der SPD an, um eine neue Bundesregierung zu bilden.

Nach einem Bericht der Rheinischen Post verteidigte der Bundesagrarminister sein Votum damit, er habe so „wichtige Bedingungen“ durchsetzen können wie die „Stärkung der Rolle von Biodiversität und Tierschutz“. Davon dass Glyphosat unter Auflagen zugelassen werden soll, ist allerdings nichts bekannt. Außerdem hätte die EU-Kommission das Pflanzengift sowieso erneut genehmigt, argumentierte Schmidt. Der CSU-Politiker versprach, in Deutschland zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, dass der Unkrautvernichter künftig restriktiver eingesetzt werde.

Damit hat das Bundesagrarministerium dafür gesorgt, dass die Glyphosat-Befürworter die für eine Mehrheit erforderlichen 65 Prozent der EU-Bevölkerung knapp erreichten. Neun Länder stimmten gegen den Vorschlag, darunter Frankreich, Italien und Österreich. Nur Portugal enthielt sich. Die EU-Kommission will den Beschluss nun zügig umsetzen, da am 15.12. die aktuelle Zulassung von Glyphosat ausläuft. Der Wirkstoff ist Bestandteil des weltweit meistverbreiteten Spritzmittels RoundUp des amerikanischen Konzerns Monsanto. Die deutsche Bayer AG will Monsanto für mehr als 60 Milliarden US-Dollar übernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon im Wahlkampf versprochen, sich für eine weitere Zulassung des Pflanzengifts einzusetzen.

Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger, bezeichnete das deutsche Abstimmungsverhalten als „skandalös“. Der Alleingang der Union sei „ein beispielloses Foulspiel und ein Armutszeugnis für die politische Kultur in unserem Land“, so Weiger. „Damit stellen sich Deutschland und die Mehrheit der EU-Länder gegen den Schutz von Mensch und Natur.“ Er verwies darauf, dass Glpyhosat in Verdacht steht, beim Menschen Krebs zu verursachen.

Auch der Geschäftsführer des Naturschutzbund Deutschland kritisierte den „skandalösen Kniefall“ des Landwirtschaftsministers vor der Agrarlobby. „In Umfragen hatte sich die Mehrheit der Deutschen für einen baldigen Glyphosat-Ausstieg ausgesprochen“, sagte Leif Miller. „Der NABU wird nun alles daran setzen, dass das Ackergift auf Deutschlands Feldern und Gärten drastisch reduziert wird.“

„Die Verlängerung ist eine schlechte Nachricht für die Artenvielfalt, das Vorsorgeprinzip und die längst überfällige Agrarwende“, bedauerte Christiane Huxdorff von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. „Die drohenden Klagen mächtiger Konzerne wie Bayer und Monsanto haben für viele Politiker offenbar mehr Gewicht als der Wille des EU-Parlaments und der großen Mehrheit der Europäer.“ Die Hersteller von Pflanzengiften auf Glyphosat-Basis hatten damit gedroht, auf bis zu 15 Milliarden Euro Schadenersatz zu klagen, falls die Zulassung nicht erneuert wird, bevor sie am 15.12. endet. Das EU-Parlament hatte dafür plädiert, den Einsatz des Totalherbizids bis 2022 auslaufen zu lassen.

Der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling, der diese Parlamentsentscheidung mit vorbereitet hatte, bezeichnete Glyphosat als „völlig überholtes Mittel“. Europa habe den Unkrautvernichter jetzt „dem desolaten Zustand der Regierungsbildung in Deutschland zu verdanken“, so Häusling.

Die Spritzmittel-Hersteller, denen die Laufzeit naturgemäß zu kurz erscheint, haben bereits angekündigt, am 1.1.2019 den nächsten Verlängerungsantrag einzureichen. Er muss nach EU-Recht mindestens drei Jahre vor Ende einer Zulassung bei der EU-Kommission eingegangen sein. Und der Pesitizidexperte der Grünen im Bundestag, Harald Ebner, versicherte: „Wir werden ab heute dafür kämpfen, dass spätestens in fünf Jahren endgültig Schluss ist mit Glyphosat.“ Fortsetzung folgt. [vef]

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