Das Oberste Gericht des US-Staates New York hat auf Antrag des Chemiekonzerns Monsanto angeordnet, dass das Kampagnen-Netzwerk Avaaz sämtliche internen Daten über seine Glyphosatkampagne dem Konzern übergeben muss. Avaaz hat dagegen Berufung eingelegt und sammelt Spenden, um in den juristischen Kampf gegen Monsanto zu ziehen.
Avaaz ist ein weltweit tätiges Netzwerk von Online-Aktivisten, dem mehr als 46 Millionen Menschen angehören. Sie wenden sich regelmäßig in Petitionen gegen soziale und ökologische Missstände. Avaaz war auch eine der maßgeblichen Organisationen, die dagegen protestierten, dass der Herbizidwirkstoff Glyphosat in der EU wieder zugelassen wird. Das Gericht ordnete an, Avaaz müsse gegenüber dem Konzern sämtliche Aufzeichnungen offenlegen, die auf Monsanto oder Glyphosat Bezug nehmen. Darunter wären laut Avaaz auch die E-Mail-Adressen von mehr als vier Millionen Menschen, die Petitionen zu Glyphosat unterschrieben hätten. Der Konzern begründete sein Anliegen gegenüber dem Gericht damit, dass diese Unterlagen notwendig wären, um sich in einem anderen Verfahren verteidigen zu können. In San Francisco klagen Hunderte Krebsopfer auf Entschädigung, die Monsantos Glyphosat für ihre Krankheit verantwortlich machen. Im Zuge dieses Prozesses hatte Monsanto zahlreiche interne Akten veröffentlichen müssen, die deutlich machten, wie der Konzern Wissenschaftler und Behörden beeinflusste.
Avaaz Vize-Chefin Emma Ruby-Sachs wertete das Vorgehen des Konzerns als Reaktion darauf, dass Avaaz dessen Pläne in Europa und Argentinien durchkreuzt habe. Monsanto sei bekannt dafür, massiv gegen Kritiker vorzugehen. „Aber dieses Mal haben sie sich eine Bewegung mit fast 50 Millionen Menschen ausgesucht, die nicht klein beigeben werden.“ Doch alleine der juristische Kampf gegen den Konzern wird Avaaz Zeit und Geld kosten, die nicht mehr für Kampagnenarbeit genutzt werden können. Der jährliche Etat des Netzwerks liegt bei etwa 14 Millionen Euro.
„Sollte Monsanto mit seiner Forderung gegen den vergleichsweise kleinen Verband Avaaz durchkommen, könnte das weitreichende Folgen auch für andere Organisationen haben, die sich mit Konzernen anlegen“, schreibt die taz. Auch von Greenpeace und anderen Umweltorganisationen könnte Monsanto dann interne Informationen verlangen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, was Monsanto mit solchen Informationen alles anstellen könnte. Allein die Pflicht, die Daten zu liefern, würde die Arbeit der betroffenenen Organisationen monatelang blockieren. „Tausende Personalstunden und Hunderttausende Dollar“ würde es kosten, die verlangten Dokumente zusammenzustellen, sagte Avaaz der britischen Zeitung The Guardian. Und wer würde noch bei einer Organisation unterschreiben oder sich engagieren, wenn er befürchten müsste, dass die Daten an die bekämpften Konzerne gingen? „Unsere Mitglieder schreiben uns, dass sie davor Angst haben“, sagte Emma Ruby-Sachs dem Guardian: „Es hängt jetzt eine bedrohlich dunkle Wolke über unserer Organisation.“
Avaaz hat einen Spendenaufruf gestartet, um die Kosten des Verfahrens tragen zu können. Und die Organisatoren machen sich und ihren Mitgliedern Mut gegen die „starken Geschütze“, die der „50 Milliarden Dollar schwere Megakonzern“ da auffährt: „Die Avaaz-Gemeinschaft vereint die Kraft von Millionen von Menschen und unsere Mitglieder haben einfach keine Angst.“ [lf]