Dem Bayer-Konzern fehlen weiterhin behördliche Genehmigungen, um den Saatgutgiganten Monsanto übernehmen zu können. Das musste Bayer-Chef Baumann heute bei der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft in Bonn einräumen. Bekommt er die weltweit 30 erforderlichen Freigaben nicht bis 14. Juni zusammen, könnte der umstrittene 62,5 Milliarden Dollar-Deal noch wesentlich teurer werden oder ganz scheitern.
Denn wie das Manager-Magazin berichtet, kann Monsanto vom Vertrag zurücktreten, wenn die Übernahme bis dahin nicht weltweit genehmigt ist. In diesem Fall müsste Bayer eine Entschädigung von zwei Milliarden US-Dollar zahlen. Und wenn der amerikanische Saatguthersteller sich entscheiden würde nachzuverhandeln, rechnen Experten damit, dass der Kaufpreis steigt.
Doch der Vorstandsvorsitzende von Bayer scheint zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, die Übernahme von Monsanto in Kürze abschließen zu können“, versicherte Werner Baumann den Aktionären. Man habe „fast alle entscheidenden Freigaben erhalten“. Nach Medienberichten fehlt noch die wichtige Zustimmung aus den USA. Dabei hatte es vor Wochen schon geheißen, Bayer sei sich mit dem US-Justizministerium einig geworden.
Aber auch wenn Bayer Monsanto vor dem 14.6. kaufen kann, wird es teurer als geplant: Baumann korrigierte die erwarteten Einsparungen durch Synergieeffekte von 1,5 auf 1,2 Milliarden US-Dollar nach unten. Außerdem müssen die Leverkusener nach dem Willen der Kartellbehörden Unternehmensteile im Wert von fast acht Milliarden Euro an den Konkurrenten BASF veräußern.
Verbände und Aktivisten weltweit nutzen die Zeit, um gegen die größte Firmenübernahme der Nachkriegsgeschichte zu Felde zu ziehen: Schon vor einer Woche hatten Tausende beim „Marsch gegen Monsanto“ in zahlreichen Ländern gegen den dann größten Agrarchemiekonzern der Welt protestiert. Und auch vor der Bayer-Hauptversammlung postierten sich heute wieder Bauern-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, um ihrer Kritik Gehör zu verschaffen: „Die Marktkonzentration im Agrarsektor bedroht die bäuerliche Landwirtschaft und die Ernährungssouveränität“, kritisierte etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Der Megakonzern werde nach der Fusion noch mehr Patente auf Pflanzen anstreben; so werde die Saatgutvielfalt verloren gehen. „Statt Gentechnik durch die Hintertür fordern wir die Stärkung des Vorsorgeprinzips und Wahlfreiheit für Züchter, Bauern und Verbraucher“, so Annemarie Volling von der AbL.
Das „Wir haben es satt!“-Bündnis wandte sich gegen die Selbstdarstellung des Chemieriesen, man wolle etwas gegen den Hunger in der Welt tun: „Bayer ist kein Wohltätigkeitsverein, sondern ein Konzern, der mit unserem Essen Milliardengewinne generieren will“, kritisierte Christian Rollmann. „Den 800 Millionen Menschen, die weltweit an Hunger leiden, ist durch die Zerstörung von bäuerlichen Strukturen und regionalen Saatgutmärkten nicht geholfen.“
Auch das Entwicklungsnetzwerk Inkota wies auf die fatalen Folgen des Konzentrationsprozesses in der Agrarindustrie vor allem für ärmere Länder hin: Die Saatgutpreise steigen, die Abhängigkeit von Spritzmitteln wächst, Kleinbauern weltweit überschulden sich. Daher fordert Inkota die Bundesregierung auf, gegen eine mögliche Fusion von Bayer und Monsanto vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen.
Für den grünen Bundestagsabgeordneten Harald Ebner steht Baysanto nicht für Innovation, sondern für die altbekannten Übel wie Pestizide, Gentechnik und Klagen gegen Umweltgesetze. Er fordert eine Agrarwende, um die Landwirtschaft „enkeltauglich“ zu machen. [vef]