Deutschlands Landwirte haben 2017 rund 4.700 Tonnen Glyphosat auf ihre Äcker ausgebracht. Das waren 900 Tonnen mehr als 2016, geht aus einem Bericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hervor.
Das BVL veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht über den Absatz von Pestiziden in Deutschland. Demnach haben die Hersteller von Spritzmitteln 2017 insgesamt 277 verschiedene Wirkstoffe in einer Gesamtmenge von 34.583 Tonnen verkauft. Das waren 2.300 Tonnen oder sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Fast die Hälfte dieser Menge entfiel auf Herbizide, gut 13.000 Tonnen waren Fungizide gegen Pilzkrankheiten. Die Insektizide spielten mengenmäßig mit 857 Tonnen keine große Rolle, allerdings wirken sie bereits in weitaus kleineren Mengen als die anderen Spritzgifte. Der Anstieg verteilte sich gleichmäßig auf alle drei Pestizid-Kategorien.
Die Statistik des BVL gibt die Menge an verkauften Organophosphor-Herbiziden mit 4.694 Tonnen an. Hinter dieser Gruppenbezeichnung verbirgt sich fast ausschließlich Glyphosat. Lediglich 39 Tonnen des Herbizids wurden an „nicht berufliche Verwender“ abgegeben, also an Privatleute, die damit ihre Gärten oder Terrassen unkrautfrei spritzten. Inzwischen können Privatleute die Spritzmittel nur noch online bestellen, da alle Baumärkte glyphosathaltige Mittel ausgelistet haben. „Es gibt in Baumärkten keine Glyphosat-Produkte mehr“, sagte Peter Wüst, Geschäftsführer des Handelsverbands Heimwerken, Bauen und Garten gegenüber der WirtschaftsWoche. Zu den „beruflichen Verwendern“ gehört die Deutsche Bahn, die laut WirtschaftsWoche 2017 68 Tonnen Glyphosat versprühte, um ihre Gleise unkrautfrei zu halten.
Der allergrößte Teil des Glyphosats landet jedoch auf deutschen Äckern. Um ihn zu verringern und den Glyphosatausstieg voranzubringen, hatte sich die Bundesregierung im Januar 2018 auf eine Ackerbaustrategie verständigt. Im Koalitionsvertrag vom März 2018 heißt es dazu: „Wir werden mit einer systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden. Dazu werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft Alternativen im Rahmen einer Ackerbaustrategie entwickeln und u. a. umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln regeln.“ Im Entwurf für den Bundeshaushalt für 2019 sind dafür fünf Millionen Euro eingeplant.
In einem Verordnungsentwurf hat das Agrarministerium jetzt festgelegt, wie künftig weniger Glyphosat verbraucht werden soll. Verboten werden soll der Einsatz des Mittels lediglich für Hobby-Gärtner sowie in Parks, Sportstätten und Naturschutzgebieten. Auf landwirtschaftlichen Flächen wolle Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Anwendung an „strikte Auflagen“ binden, heißt es in der 100 Tage Bilanz der Ministerin. Der Entwurf befindet sich laut BMEL inzwischen in der Ressortabstimmung, veröffentlicht wurde er noch nicht.
Unterdessen hat der Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft im Mai 2018 eine eigene Ackerbaustratagie vorgelegt. Darin heißt es, der Einsatz von Glyphosat sei „im Rahmen der konservierenden Bodenbearbeitung zur pfluglosen Beseitigung von Unkräutern, Ausfallgetreide und -raps sowie Zwischenfrüchten unverzichtbar.“
„Dass der Glyphosat-Absatz in Deutschland im letzten Jahr wieder deutlich zugenommen hat, zeigt deutlich, dass sich hier von alleine gar nichts löst“, kommentierte Harald Ebner, Gentechnik-Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, die Zahlen. Nach wie vor sei Glyphosat „die Nummer eins unter den Ackergiften in Deutschland.“ [lf]