Das Genehmigungsverfahren für Pestizide in der Europäischen Union muss deutlich transparenter werden. Das fordern die beiden Berichterstatter des zuständigen Sonderausschusses im EU-Parlament. Ihr Bericht enthält eine Reihe konkreter Vorschläge.
So verlangen die beiden Berichterstatter von CDU und Grünen, dass alle Studien von Seiten der Industrie während eines Zulassungsverfahrens öffentlich und in einer benutzerfreundlichen Form zugänglich sein müssen. Außerdem müssten unabhängige wissenschaftliche Studien künftig das gleiche Gewicht erhalten wie Studien, die von der Industrie in Auftrag gegeben worden sind. Die Berichterstatter schlagen auch vor, dass in Zukunft die EU-Kommission bestimmen soll, welcher Mitgliedstaat das Dossier für einen Wirkstoff erarbeitet. Bisher ist es automatisch das Land, in dem die Hersteller ihren Zulassungsantrag eingereicht haben. Bei Wiederzulassungsverfahren – wie bei Glyphosat – dürfe dies nicht mehr wie derzeit der Staat sein, der schon die Erstzulassung betreut habe. Darüber hinaus forderten die beiden EU-Abgeordneten ein wirksameres Monitoring von Substanzen nach ihrer Zulassung.
Das Europäische Parlament hatte nach der Diskussion um die erneute Zulassung von Glyphosat und dem Bekanntwerden der Monsanto Papers im Februar 2018 einen Sonderausschuss eingerichtet, der das EU-Zulassungsverfahren für Pestizide analysieren und Verbesserungen vorschlagen sollte. Er veranstaltete in den vergangenen Monaten mehrere Anhörungen, deren Ergebnisse die beiden Berichterstatter, Nobert Lins von der CDU und Bart Staes von den Grünen, einvernehmlich zusammenfassten. Am 6. Dezember soll der Ausschuss den Bericht beschließen, danach das Plenum des Parlaments.
Die EU-Komission hat bereits im April 2018 einen Vorschlag vorgelegt, mit dem sie die Risikobewertung durch die EU-Lebensmittelbehörde EFSA in allen Bereichen des Lebensmittelrechts - nicht nur bei der Pestizidzulassung - transparenter machen will. Er sieht ein Unionsregister für alle Studien vor, die Unternehmen für Zulassungen im Lebensmittelbereich einreichen. Die Studien sollen auch veröffentlicht werden, allerdings müssten dabei vertrauliche Informationen und personenbezogene Daten geschützt werden, schreibt die Kommission. Der Vorschlag enthalte viele positive Ansätze, lobt der Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden, einer der Initiatoren der Europäischen Bürgerinitiative Stop Glyphosat. Doch könnten unklare Formulierungen im Gesetzestext zu missverständlichen Interpretationen führen, warnt Burtscher-Schaden: „Der Teufel steckt im Detail.“ Stop Glyphosat hat deshalb an die EU-Mitgliedsstaaten und das Parlament appelliert, die Vorschläge der Kommission nicht zu verwässern, sondern nachzuschärfen.
Eine sinnvolle Regelung aus Sicht der Umweltverbände wäre es, den Verbänden das Recht einzuräumen, Pestizid-Zulassungen der EU-Kommission vor den europäischen Gerichten überprüfen zu lassen. Vergangene Woche hatte das Europäische Gericht in erster Instanz eine Klage des Vereins Mellifera zurückgewiesen, der eine solche Überprüfung der Glyphosatzulassung unter Berufung auf die Konvention von Aarhus und das darin verankerte Klagerecht der Umweltverbände verlangt hatte (Az. T12/17). [lf]