Aus US-amerikanischen Gentech-Sojabohnen dürfen ab sofort Biokraftstoffe in der Europäischen Union hergestellt werden, teilte die EU-Kommission kürzlich mit. Der europäische Markt ist allerdings fest in argentinischer Hand. Ein Branchenverband forderte die Politik auf, den Anbau gentechnikfreier Eiweißpflanzen in Europa gegen die Konkurrenz zu sichern.
In der EU wird dem Dieselkraftstoff bis zu sieben Prozent Agrardiesel aus nachwachsenden Rohstoffen beigemischt, auch Biodiesel genannt. Diese Rohstoffe müssen eine Reihe von Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, die in der Richtlinie über erneuerbare Energie festgelegt sind. Die EU-Kommission hat nun anerkannt, dass das bestehende US-amerikanische Zertifizierungssystem für nachhaltigen Sojaanbau (SSAP) diese Richtlinie erfüllt. US-Sojabohnen, die zu mehr als 90 Prozent gentechnisch verändert (gv) sind, dürfen damit zu Agrardiesel verarbeitet und europäischem Diesel beigemischt werden. Gentechnik im Tank also. Doch das gab es bisher schon: Bereits jetzt stammt ein Teil des nach Europa importierten Agrardiesels aus Argentinien, wo er aus gv-Sojabohnen hergestellt wird. Dieter Bockey, Referent bei der Union zur Förderung von Öl-und Proteinpflanzen (UFOP) geht davon aus, dass sich die Anerkennung der US-Sojabohnen durch die Kommission auf dem europäischen Biodieselmarkt kaum auswirken wird.
Denn da dem Dieselkraftstoff maximal sieben Prozent Agrardiesel zugemischt werden dürfen, ist der Absatz in der EU begrenzt. Verbrauch und Produktion von Biodiesel sind in Europa seit Jahren stabil; der Kuchen ist verteilt. 2017 haben die 27 EU-Staaten 10,4 Millionen Tonnen Agrardiesel produziert. Die wichtigsten Rohstoffe dafür waren Rapsöl, Palmöl und Altfette. Sojaöl hatte einen Anteil von nur fünf Prozent. Zusätzlich importierte die EU 2017 800.000 Tonnen Biodiesel. Die Importe stiegen Ende 2017 und 2018 drastisch an, weil plötzlich Biodiesel aus Argentinien in die EU strömte. Der Grund: „Auf Druck der Sojafarmer und der Biodieselindustrie belegte die US-Regierung Biodieselimporte aus Argentinien mit Zöllen zwischen 71,5 und 72,3 Prozent des Warenwertes“, schreibt die UFOP in ihrem Jahresbericht. Dies habe „zu einer spürbaren Neuorientierung der Exportströme in Richtung EU“ geführt.
In Europa war man zunächst wenig erfreut: Im Rahmen der Welthandelsorganisation stritt die EU mit Argentinien über den ihrer Meinung nach subventionierten Biodiesel der Südamerikaner. Ende Januar einigten sich beide Parteien darauf, dass argentinische Biodieselhersteller jährlich etwa 1,2 Millionen Tonnen Biodiesel zollfrei in die EU exportieren dürfen. Dabei müssen sie einen Mindesteinfuhrpreis einhalten, der auf Basis monatlicher durchschnittlicher Sojaölpreise berechnet werden soll. Die UFOP fürchtet als Folge einen negativen Effekt auf den Biodieselpreis in der EU und damit auch auf die Erzeugerpreise für die Ölsaaten hierzulande. Das könnte dazu führen, dass die europäischen Landwirte weniger Raps anbauen und damit auch weniger Rapspresskuchen als gentechnikfreies, eiweißreiches Futtermittel zur Verfügung steht.
Die UFOP vermisst ein umweltpolitisches Gesamtkonzept: „Die Politik findet derzeit keine Antwort, mit welchen Maßnahmen der Ölsaatenanbau in der Europäischen Union als wichtigste und zudem gentechnikfreie Eiweißfuttermittelquelle für die Zukunft gesichert werden kann“, schreibt der Verband. „Europa braucht keinen Pflanzensprit, der aus Gentech-Soja hergestellt wird“, sagt der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling. Der Anbau dieser Pflanzen gehe immer einher mit agroindustriellen Prozessen sowie mit hohem Pestizid-Einsatz. [lf]