Wohin fließen die Milliarden? (Foto: CC0)

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Gentechnik: Bauern müssen 10.000 Hektar Raps umpflügen

In Frankreich wurde mehr Rapssaatgut mit Spuren der gentechnisch veränderten Sorte GT 73 verunreinigt als zunächst angenommen. Wie das französische Portal InfOGM meldete, hat sich die betroffene Ackerfläche auf 8000 Hektar vervierfacht. In Deutschland geht der Saatgut-Hersteller Bayer von bis zu 2000 Hektar Rapsäckern mit Gentech-Pflanzen aus, die bis spätestens Ende März umgebrochen werden müssen.

Vergangenes Jahr waren – wie berichtet - 598 Säcke einer verunreinigten Partie Winterraps der Monsantomarke Dekalb in insgesamt zehn Bundesländer verkauft worden. Darin waren rund 0,1 Prozent der gentechnisch veränderten Rapslinie GT73 gefunden worden, die gegen den Unkrautvernichter Glyphosat resistent ist. Sie darf in der Europäischen Union nicht angebaut werden. Seit Ende 2018 sind die Behörden und der Mutterkonzern Bayer dabei herauszufinden, wo wieviel von diesem Raps ausgesät wurde. Da die Überwachung der Gentechnik Länderaufgabe ist, scheint es schwierig, sich einen bundesweiten Überblick zu verschaffen. Insgesamt 70 deutsche Landwirte haben den Raps gekauft, teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) heute auf Anfrage mit. Sie verteilen sich auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Bayern, Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, wobei die drei letzten laut BVL besonders betroffen sind. So wurden nach Angaben des Agrarministeriums allein 180 Säcke verunreinigte Rapssaat in Sachsen-Anhalt verkauft.

Die Landesbehörden haben die Landwirte aufgefordert, ihre Rapsfelder vor der Blüte umzubrechen, damit die gentechnisch veränderten Pflanzen sich nicht vermehren können. Außerdem wurden laut BVL unterschiedliche Anbauverbote erlassen, die mindestens bis 1. Juli 2019 gelten. Der Bayer-Konzern wies darauf hin, dass nach guter landwirtschaftlicher Praxis nur alle drei Jahre auf dem gleichen Feld Raps angebaut werde. Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft warnte jedoch, Rapssaatgut könne 20 Jahre lang keimfähig im Boden überdauern. Solange bestehe auch das Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränderter Raps keime. „Die zuständigen Behörden der Bundesländer müssen sicherstellen, dass auflaufender Durchwuchsraps vernichtet wird“, forderte Volling.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Bayer Frankreich mitteilte, will der Konzern die betroffenen Bauern mit 2000 Euro pro Hektar entschädigen. Bei einer Fläche von 10.000 Hektar müsste der Konzern damit insgesamt rund 20 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Bayers Konzernzentrale in Leverkusen wollte diese Zahlen jedoch nicht bestätigen. In Frankreich haben laut InfOGM rund 700 Landwirte das Saatgut gekauft. Dort war nach Informationen des Portals im Oktober 2018 die erste Partie Rapssaatgut gefunden worden, die mit Spuren von weniger als 0,1 Prozent GT 73 verunreinigt war. Deutsche Politiker kritisierten daraufhin, dass die Verunreinigung erst nach der Aussaat bekannt wurde. In der Bundesrepublik wird das Saatgut bereits vor der Aussaat untersucht, um zu vermeiden, dass die Saat wieder umgebrochen werden muss.

Allerdings hat das in diesem Fall auch nicht funktioniert. Denn die Bundesländer überprüfen nach einem entsprechenden Handlungsleitfaden üblicherweise nur zehn Prozent des Saatguts auf gentechnische Verunreinigung. Eine Partie der betroffenen Charge Rapssaatgut aus Frankreich wurde dabei nach Auskunft des BVL vor dem 30.9.2018 negativ getestet. Die verunreinigte Partie war jedoch nicht kontrolliert worden. Sie wurde erst untersucht, nachdem die Franzosen den Fund in der Charge gemeldet hatten.

Die fragliche Charge Rapssaat war von der Bayer-Tochter Monsanto in Frankreich aus argentinischem und spanischem Saatgut gemischt worden. Nach einem internen EU-Papier, das dem Portal InfOGM zuerst vorlag, bestand die gesamte Charge aus gut 21.000 Säcken Rapssaatgut. Das entspricht etwa 200 Tonnen. Davon wurden 10.000 Säcke nach Deutschland verkauft und rund 9500 in Frankreich. 8500 Säcke wurden demnach in Deutschland insgesamt ausgesät. Wie das BVL mitteilte, wurden nach Bekanntwerden der Verunreinigung in Frankreich alle Partien dieser Charge kontrolliert. Nur in einer Partie – in diesem Fall 598 Säcke - fand man eine gentechnische Verunreinigung, nämlich mit Raps GT73.

Bayer hat die Produktion des Rapssaatguts in Argentinien nach eigenen Angaben vorläufig ausgesetzt. Bislang scheint unklar, wie die Samen des Raps GT73, der in Argentinien nicht angebaut wird, in das Saatgut gelangen konnten. Bayer wies darauf hin, dass in der Anlage kein gentechnisch verändertes Saatgut aufbereitet werde. GT73-Raps darf nur in Kanada, den USA, Australien und Japan ausgesät werden. Da er in der EU nicht zum Anbau zugelassen ist, gilt hier das Prinzip der Nulltoleranz. Der Import als Lebens- und Futtermittel ist in der EU aber erlaubt. [vef]

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