Eine PR-Agentur hat im Auftrag der Bayer-Tochter Monsanto in mindestens sieben europäischen Ländern Daten von kritischen Journalisten, Politikern und anderen Interessengruppen gesammelt, teilte der Chemiekonzern Bayer heute mit. Betroffen sind neben Deutschland und Frankreich Italien, die Niederlande, Polen, Spanien und Großbritannien. Außerdem seien Mitarbeitende von EU-Institutionen erfasst worden.
Ob auch in weiteren europäischen Ländern solche Listen erstellt wurden, prüfe im Auftrag Bayers derzeit eine internationale Anwaltskanzlei, hieß es weiter. Sie werde auch ermitteln, wie viele Menschen die Agentur FleishmanHillard im Jahr 2016 erfasst hat. Diese Kanzlei werde die Betroffenen zeitnah kontaktieren und darüber informieren, welche Daten von ihnen gespeichert wurden, schreibt Bayer auf seiner Glyphosat-Webseite www.hier-sind-die-Fakten.de. Die Kanzlei werde spätestens Ende kommender Woche damit beginnen. Wie berichtet hatten französische Medien vergangene Woche enthüllt, dass FleishmanHillard dort 200 Medienschaffende und Politikerinnen erfasst hatte, darunter so hochrangige Persönlichkeiten wie die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royale. Die Staatsanwaltschaft in Frankreich ermittelt bereits.
Festgehalten hat Monsanto in den Listen vor allem die Haltung der Betroffenen zum umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat, über dessen Zulassung die Europäische Union Ende 2017 neu entscheiden musste. Aber auch private Informationen wie Hobbies wurden in manchen Fällen vermerkt. Bayer hat für das Vorgehen des amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto, mit dem 2016 bereits Übernahmeverhandlungen liefen, schon vergangene Woche um Entschuldigung gebeten. Bei Kommunikation und Lobbyarbeit werde man künftig nicht mehr mit der Agentur FleishmanHillard zusammenarbeiten, beim Marketing aber schon, teilte Bayer mit. Andere Bereiche der Kooperation würden geprüft.
Einstweilen ist bei Bayer der ehemalige Grünen-Politiker Matthias Berninger als Krisenmanager gefragt. Er habe seinen neuen Cheflobbyisten gebeten, die Aufklärung bei Bayer voranzutreiben, schrieb Vorstandschef Werner Baumann an grüne Abgeordnete von Bundestag und Europaparlament. Sie hatten Baumann vergangene Woche um Auskunft gebeten, ob sie als Glyphosat-Kritiker auch auf den Listen auftauchen. In seinem Antwortbrief, der dem Infodienst vorliegt, verspricht der Bayerchef, die Öffentlichkeit transparent zu informieren, in welchen Ländern über wie viele Personen welche Art von Informationen gesammelt wurden. Der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner will nicht mehr warten: Warum er nicht heute oder morgen erfahren könne, ob er auf einer der Listen stehe? „Wenn der Verdacht entsteht, dass die Daten erst noch geschönt oder bereinigt werden sollen, ist dem Bayer-Image wenig geholfen“, warnte der Pestizidexperte. [vef]