UPDATE +++ Der Prototyp sind Malariamücken: Tiere, die gentechnisch so verändert wurden, dass die Art sich selbst ausrottet. Für Laborversuche mit solchen sogenannten Gene-drive-Organismen (GDO) hat der Bundesrat vergangenen Freitag schärfere Sicherheitsvorkehrungen verlangt, als es die Agrarministerin in ihrem Gesetzentwurf vorgesehen hatte.
„Auf Antrag des Landes Hessen hat der Bundesrat mit deutlicher Mehrheit eine besondere Sorgfalt und ein hohes Sicherheitsniveau bei der Arbeit mit Gene Drive-Organismen im Labor gefordert“, teilte Hessens Umweltstaatssekretärin Beatrix Tappeser mit. Demnach sollen solche Versuche künftig grundsätzlich in die dritte von vier Sicherheitsstufen eingeordnet werden. Die Novelle der Bundesregierung zur Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) sieht dagegen vor, dass solche Laborarbeiten grundsätzlich in Sicherheitsstufe 2 einzugruppieren sind. Was auch im Ländervorschlag unverändert bleibt: Die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) kann nach Einzelfallabwägung solche Versuche auch in andere Sicherheitsstufen einordnen, etwa nur in Stufe 1. Die geht davon aus, dass das Risiko für Umwelt und menschliche Gesundheit zu vernachlässigen ist und erfordert keine speziellen Sicherheitsauflagen.
Darüber hinaus forderten die Länder von der Bundesregierung, dem Leben und der Gesundheit von Mensch und Tier sowie dem Umwelt- und Naturschutz künftig mehr Gewicht zu geben, wenn sie Regeln für die Risikobewertung und Sicherheitseinstufung für Versuche mit GDO aufstellt. Mit der Novelle will die Bundesregierung die Arbeit mit GDO erstmals gesetzlich regeln.
Ein wesentliches Risiko bei der Arbeit mit Gene-drive-Organismen wie etwa Gentech-Mücken ist, dass sie flugs aus dem Labor in die freie Natur entkommen können. Dort kann sich dann die zerstörerische Eigenschaft - etwa eine Unfruchtbarkeit – in Windeseile in der natürlichen Population verbreiten. Was das für das gesamte Ökosystem für Folgen hat, ist bislang völlig unklar. Es sei damit zu rechnen, dass Naturzusammenhänge wie Nahrungsnetzwerke deutlich beeinträchtigt werden, mahnte Tappeser. So könnten Vogelpopulationen oder andere Nützlinge, die sich von den betroffenen Insekten ernähren, dadurch einen weiteren Teil ihrer Nahrungsgrundlage verlieren.
Nachdem ein Bündnis gentechnikkritischer Organisationen in einem Brandbrief auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen hatte, wurden im April die für die Gentechniksicherheit zuständigen Bundesländer aktiv. Agrar- und Umweltausschuss des Bundesrates forderten mit deutlichen Mehrheiten, einschließlich CDU-geführter Bundesländer, aus Vorsorgegründen strengere Sicherheitsauflagen für Arbeiten mit Gene-Drive-Organismen in geschlossenen Systemen. Sie müssten mindestens nach Sicherheitsstufe 3 geschützt werden. In einem Brief an die 16 Bundesländer hatte Agrarstaatssekretär Hermann Onko Aeikens daraufhin versucht, die Abstimmung im Bundesrat zu stoppen. In dem Schreiben von Ende Mai hatte er „erhebliche fachliche Bedenken“ dagegen geltend gemacht, GDO in Sicherheitsstufe 3 einzuordnen. Der Entwurf der Bundesregierung sehe „einzelfallangepasste Lösungen vor, die sich im Wesentlichen an der bisherigen, bewährten Praxis orientieren“.
Mareike Imken von Save our Seeds, die den Brandbrief an die Bundesländer mit unterzeichnet hatte, begrüßte den Beschluss des Bundesrates. Er sei aber nur "der erste, dringend gebotene Schritt“. „Denn die Gentechnik-Sicherheitsverordnung ist für die von Gene-Drive-Organismen ausgehenden Gefahren für die Artenvielfalt und Umwelt bislang nicht ausgelegt", erklärte Imken. "Als Nächstes müssen die Länder deshalb möglichst zügig in ihren Vollzugsgremien spezifische Sicherheitsmaßnahmen für diese neue Klasse von gentechnisch veränderten Organismen erarbeiten.“ [vef]