Der Chemiekonzern Bayer hat nach eigenen Angaben alle Personen in Deutschland und Frankreich informiert, deren Daten 2016 im Auftrag von Monsanto im Rahmen einer Glyphosat-Kampagne von PR-Agenturen gesammelt worden waren. Nach einem Bericht der Tageszeitung taz waren das insgesamt 600 Funktionsträger aus Politik und Gesellschaft. Für die PR-Kampagne vor der Neuzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat hatte Monsanto ab 2015 zweistellige Millionenbeträge ausgegeben.
Das sagte Bayers neuer Cheflobbyist Matthias Berninger in einem Interview mit Gabor Steingart. Anders als in Frankreich sollen nach aktuellem Informationsstand in Deutschland keine Journalisten und keine sensiblen privaten Daten aufgelistet worden sein. Die Briefe an die Betroffenen, die Auskunft über die gespeicherten Informationen geben, wurden von der von Bayer beauftragten Anwaltskanzlei Sidley Austin versandt. Der Konzern geht davon aus, dass auch die erfassten Personen in den anderen europäischen Ländern – Berninger sprach von acht - und diejenigen im Umfeld der EU-Institutionen in Kürze Bescheid bekommen. Bislang sind neben Deutschland und Frankreich Listen in Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und dem Vereinigten Königreich bekannt. Darauf fanden sich nach Medienberichten so prominente Politiker wie der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach oder die frühere französische Umweltministerin und Präsidentschaftskandidatin Segolène Royale. In Frankreich, wo auch Informationen zu politischen Ansichten wie die Haltung zu Glyphosat und private Daten gesammelt wurden, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
In Nordrhein-Westfalen hat die Datenschutzbeauftragte Helga Block Bayer um Aufklärung zu dem Vorgang gebeten. Wie der WDR berichtete, handele es sich aber zunächst nur um eine Sachverhaltsermittlung. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International halte solche Listen für „illegitim“, sagte Vorstandsmitglied Edda Müller dem Main-Echo. Der Verhaltenskodex im Transparenzregister der EU lege fest, dass Unternehmen ihre Informationen von EU-Institutionen nicht auf unlautere Art beschaffen dürfen, so Müller. Das gelte auch für das Verhalten von Unternehmen gegenüber Interessensgruppen in Deutschland.
Ein Sprecher des deutschen Journalistenverbandes sagte dem Main-Echo, das Verarbeiten personenbezogener, nicht allgemein zugänglicher Daten sei in Deutschland strafbar. Wie die Fachzeitschrift Horizont berichtet, will der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) prüfen, ob mit den Listen gegen deutsche Branchenregeln verstoßen wurde. Ein Vertreter der Monsanto-Agentur FleishmanHillard hatte versichert, die Aufzeichnungen würden den Gepflogenheiten der Branche entsprechen. Ein Bayer-Sprecher verwies den Infodienst Gentechnik für alle Fragen auf den erwarteten Bericht ihrer Anwaltskanzlei Sidley Austin, die den Vorgang aufarbeiten soll. [vef]