Boris Johnson, Foto: gov.uk, https://bit.ly/2ZMCL04, http://www.nationalarchives.gov.uk/doc/open-government-licence/version/3/

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Boris Johnson will Gentechnikrecht liberalisieren

Der neue Premierminister Boris Johnson will nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) das britische Gentechnikrecht liberalisieren. Das sagte Johnson in seinen ersten Reden nach seiner Amtseinführung Ende Juli. Doch ob aus der Ankündigung Realität wird, erscheint fraglich.

„Lasst uns jetzt beginnen, den außergewöhnlichen Sektor der Biowissenschaften des Vereinigten Königreiches von Regeln gegen Genveränderung zu befreien“, propagierte Johnson direkt nach seiner Ernennung vor seinem Amtssitz in 10, Downing Street. „Und lasst uns die krankheitsresistenten Feldfrüchte entwickeln, die die Welt ernähren werden.“ Zuvor hatte der EU-Gegner auf die enorme Stärke von britischer Wirtschaft und Lebenswissenschaften verwiesen. Er rief dazu auf, nicht auf die Risiken, sondern auf die Chancen des für den 31. Oktober geplanten Brexit zu schauen. In seiner ersten Rede vor dem Unterhaus wiederholte er tags drauf diese Forderungen.

Den Verband der britischen Bioindustrie macht das zuversichtlich, dass sein Sektor für den neuen Premier hohe Priorität habe. Man hoffe, dass er „mutige Maßnahmen“ wie Steuererleichterungen und Forschungsinvestitionen ergreifen werde, um die entsprechenden Unternehmen zu fördern, hieß es in einer Analyse. Wenn er denn neben der Herausforderung des Brexit dazu komme. Dabei setzt die „Wissenschaftsgemeinschaft“ ihre Hoffnung vor allem auf Jo Johnson, Boris jüngeren Bruder, den der Premier in gleich zwei Ministerien als Staatssekretär installiert hat: im Wirtschafts- und im Bildungsministerium. Welche Aufgaben der 47jährige, der sich als Staatssekretär der Regierung Cameron in der Wissenschaft beliebt gemacht hatte, nun genau übernehmen soll, ist laut Kabinettswebseite noch offen. Dass Jo Johnson in dieser Legislaturperiode sogar an den Kabinettsitzungen teilnehmen wird, lässt Verbandslobbyist Turner hoffen, dass er „eine stärkere Stimme der Gemeinschaft im Herzen der Regierung“ sein wird.

Was die Gentechnik in der Landwirtschaft angeht, könnte diese Hoffnung jedoch trügen. Denn selbst wenn Großbritannien die EU im Herbst ohne Vertrag verlassen wird, gelten die entsprechenden Gesetze in Großbritannien weiter. Darauf hatte der Infodienst bereits 2018 hingewiesen und jüngst nun erneut das britische Magazin Verdict. Die Folge: „Aktuelle Beschränkungen für genmanipulierte Pflanzen werden fortbestehen, bis in Großbritannien ein neues Gesetz verabschiedet wird, was aber wahrscheinlich keine hohe Priorität haben wird“, so die Einschätzung der Verdict-Herausgeberin. Und sollte Boris Johnson eines Tages die Regeln zu Risikobewertung, Kennzeichnung und Nachverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Organismen niederreißen wollen, erscheint fraglich, ob seine Ein-Stimmen-Mehrheit dann (noch) steht.

Die gentechnikkritische Organisation GMWatch sieht sich in ihren Befürchtungen bestätigt, Großbritannien könnte nach dem EU-Austritt offener für genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel sein. Doch Johnson täusche sich: Mithilfe von Gentechnik seien bislang keine krankheitsresistenten Feldfrüchte für den kommerziellen Anbau entwickelt worden, so GMWatch. Konventionell gezüchtet wurden sie dagegen schon. Und der Gentechnik, im Verbund mit industrieller Landwirtschaft, werde es niemals gelingen, die Welt zu ernähren. Stattdessen könne Boris Johnson leicht menschliche Gesundheit und Umwelt massiv schädigen, wenn er Gentechnik im Essen und auf den Feldern erlaube. [vef/rh]

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