Die EU-Kommission hat die Europäische Bürgerinitiative ‚Bienen und Bauern retten' offiziell registriert. Die Initiative fordert, den Einsatz synthetischer Pestizide in der EU bis 2035 einzustellen. Nun haben die beteiligten Organisationen ein Jahr lang Zeit, um dafür eine Million Unterschriften zu sammeln, die aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten kommen müssen.
Die EU-Kommission muss sich bei einer erfolgreichen EBI mit dem Anliegen der BürgerInnen auseinandersetzen. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, die Forderungen auch umzusetzen und entsprechende Verordnung vorzulegen. Trotzdem kann eine EBI die Politik der Kommission deutlich beeinflussen, wie die Initiative Stoppt Glyphosat gezeigt hat.
Die neue EBI knüpft an diesen Erfolg an und weitet den Focus von einem speziellen Wirkstoff auf den Pestizideinsatz insgesamt. Ihr Ziel ist „der vollständige Ausstieg aus der Nutzung von synthetischen Pestiziden bis 2035,wobei mit den giftigsten Stoffen begonnen werden und bis 2030 eine Reduktion um 80 Prozent erreicht werden soll.“ Parallel dazu sollen in den landwirtschaftlichen genutzten Regionen natürliche Ökosysteme wieder hergestellt und so die Biodiversität erhöht werden. Um diese Ziele zu erreichen fordert die EBI „eine Reform der Landwirtschaft, bei der die Priorität auf eine kleinteilige, vielfältige und nachhaltige Landwirtschaft gelegt wird.“ Sie soll durch einen schnellen Anstieg der agrarökologischen Praxis und des Ökolandbaus begleitet werden sowie durch mehr Forschung für eine pestizid- und gentechnikfreie Landwirtschaft.
Die wichtigsten agrarpolitischen Entscheidungen über Subventionen, Grenzwerte und die Zulassung von Pestiziden würden auf EU-Ebene erfolgen, erklärt Veronika Feicht, Referentin für Agrarpolitik beim Umweltinstitut München. Deshalb „brauchen wir einen gesamteuropäischen Systemwandel in der Landwirtschaft, und die Einleitung dieser EU-weiten Agrarwende fordern wir mit unserer Kampagne“. Zu deren Trägernetzwerk gehören Friends of the Earth Europe und das Pesticide Action Network, GLOBAL 2000 in Österreich, die französische Umweltorganisation Générations Futures, das Umweltinstitut München, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die Aurelia-Stiftung, Campact und zahlreiche weitere europäische Akteure. Sie wollen mit ihrer Kampagne auch die anstehende Entscheidung über die Agrarpolitik der EU für die Jahre 2021 bis 2027 beeinflussen. 52 Milliarden Euro sollen in jedem dieser Jahre in die Landwirtschaft fließen. Industriell orientierte Betriebe und deren große Flächen würden pauschal am stärksten gefördert, sagt Carsten Berg, Campaign Director bei der Aurelia Stiftung: „Ausgerechnet bäuerliche und ökologische Betriebe, die durch ihre Fruchtfolgen per se Struktur- und Artenvielfalt gewährleisten, werden systematisch benachteiligt.“ Die EU fördere damit das dramatische Artensterben und das millionenfache Höfesterben gleichermaßen, stellt Berg fest. Bereits im Mai 2019 hatte die Kommission eine von der Partei ÖDP gestartete Bürgerinitiative ‚Rettet die Bienen’ registriert. Sie hat inzwischen ihre eigene Sammlung eingestellt und sich der neuen EBI angeschlossen.
Unterschriften sammeln seit einer Woche die Initiatoren des Volksbegehrens ‚Artenschutz - rettet die Bienen' in Baden-Württemberg. Sie fordern, die Naturschutz-Regelungen des Landes zu verschärfen, um Insekten besser zu schützen. Auch proBiene braucht eine Million Unterschriften, allerdings nur in Baden-Württemberg. Haben die Initiatoren Erfolg, kommt es in dem Bundesland zu einer Volksabstimmung über den Gesetzentwurf. Auch in Niedersachsen ist inzwischen ein solches Volksbegehren in Vorbereitung. Die Schweizer können vermutlich bald über zwei Volksinitiativen abstimmen. Eine will die Massentierhaltung verbieten, die andere binnen zehn Jahren die Anwendung synthetischer Pestizide. [lf]