Die Bayer-Tochter Monsanto bietet Gentech-Soja und Baumwolle an, die gegen das Uralt-Herbizid Dicamba resistent gemacht wurden. Doch die von Monsanto und BASF passend dazu vertriebenen Dicamba-Pestizid sind leicht flüchtig und schädigen Nachbarfelder ohne Dicamba-resistente Pflanzen. Das hätten die Konzerne billigend in Kauf genommen, argumentierten geschädigte Landwirte und reichten Klage ein. Die erste wird jetzt in Missouri verhandelt.
Bill Bader besitzt die größte Pfirsich-Farm im US-Bundesstaat Missouri. Er verlor 30.000 Bäume, weil Nachbarn Dicamba über ihre Felder mit Monsantos resistenten Pflanzen spritzten und die Abdrift seine Bäume absterben ließ. 20 Millionen US-Dollar Schaden macht Bader geltend. Den Schaden will er nicht von den Nachbarn ersetzt haben, sondern von den Dicamba-Herstellern Monsanto und BASF. Denn diese hätten ganz bewusst das Risiko in Kauf genommen, andere Landwirte zu schädigen, argumentierten Baders Anwälte in der Verhandlung, die letzte Woche vor dem Bezirksgericht in Cape Girardeau, Missouri begann. Sie legten interne Dokumente vor, die dies belegen. Vor Gericht sagte der zuständige Mitarbeiter von Bayer Crop Science: „Wir nahmen an, dass es passieren würde“ und legte Tabellen vor, in denen die zukünftigen Verkaufszahlen und die damit einhergehenden Beschwerden betroffener Landwirte abgeschätzt wurden. Dies berichtete Jonathan Hettinger vom Midwest Center for Investigative Reporting, der den bis Mitte Februar angesetzten Prozess begleitet. Da laut der Organisation U.S. Right to Know über 100 andere Farmer in mehreren US-Bundesstaaten Klagen mit der gleichen Argumentation eingereicht haben, kommt dem Urteil eine grundlegende Bedeutung zu.
Monsanto hatte 2015 Dicamba-resitente Baumwolle und ein Jahr später resistente Sojabohnen auf den Markt gebracht. Zu dieser Zeit jedoch war der Einsatz von Dicamba für diese Pflanzen noch gar nicht erlaubt – auch wegen der bekannten Flüchtigkeit. Monsanto und BASF arbeiteten parallel an neuen Pestizidformulierungen, die weniger flüchtig sein sollten. Diese wurden erst 2017 von den Behörden zugelassen und ab 2017 auch vermarktet. Der Einsatz alter Dicamba-Pestizide in den Jahren 2015 und 2016 waren also illegal – und sei von Monsanto billigend in Kauf genommen worden, argumentierte der Kläger.
Vor allem aber belegen die vorgelegten Unterlagen und die Aussagen des Bayer-Mitarbeiters, dass Monsanto davon ausging, dass es auch mit dem eigenen neuen Pestizid Abdrift und Beschwerden geben werde. Zur Sprache kam vor Gericht auch, dass Monsanto eine genauere Untersuchung der Flüchtigkeit des neuen Pestizids absichtlich boykottiert hatte – mit der Bergründung, es sei noch nicht genug davon produziert worden. Ein BASF-Mitarbeiter bestätigte, dass die Anwender des BASF-Pestizids eigens darauf hingewiesen worden seien, dass es zu Abdrift kommen könne. Tatsächlich ist dies auch der Fall. Der zunehmende Einsatz von Dicamba schädigt immer noch tausende Landwirte. Allein der US-Staat Arkansas meldete für 2018 und 2019 je 200 festgestellte Schäden – obwohl der Staat die Anwendung des Pestizids eingeschränkt hatte. Monsanto-Mitarbeiter hingegen bestanden vor Gericht darauf, dass es keine Abdrift gebe, wenn die Landwirte geschult worden seien und die Gebrauchsanweisung einhalten würden. Monsantos Anwalt bezweifelte zudem, dass Dicamba die Schäden an den Pfirsichbäumen der Bader Farm verursacht habe. [lf]