UPDATE +++ Ein niedersächsischer Saatgut-Händler hat mehr als 820.000 Körner konventionellen Zuckermais aus den USA, der mit gentechnisch manipuliertem Mais verunreinigt war, an vier deutsche Abnehmer verkauft. Entdeckt wurde die Kontamination der Charge Zuckermais in Ungarn. Am 20. Mai wurde das niedersächsische Umweltministerium informiert und stoppte nach eigenen Angaben sofort den Handel mit diesem Saatgut. Da wuchs der Gentech-Mais allerdings bereits auf einem süddeutschen Acker.
Der Zuckermais der Sorte „Sweet Wonder“ wurde vom US-amerikanischen Saatguthersteller Illinois Foundation Seeds Inc. gezüchtet und nach Niedersachsen geliefert, teilte das dortige Umweltministerium auf Anfrage mit. Auch die gentechnisch veränderten Körner in der Lieferung stammten von dem Unternehmen, das neben konventionellen vor allem genmanipulierte Maissorten mit unterschiedlichen Eigenschaften anbietet. Die niedersächsische Firma Agri-Saaten verkaufte die importierte, kontaminierte „Sweet Wonder“-Saat an vier Landwirte und Händler in drei deutschen Bundesländern. Nur einer der Käufer pflanzte den Mais bereits an: ein Bauer in Baden-Württemberg. „Durch das schnelle Eingreifen der zuständigen niedersächsischen Vollzugsbehörde konnte die Aussaat in den anderen Bundesländern verhindert werden“, sagte eine Sprecherin des Umweltministeriums in Hannover. Das gelieferte „Sweet Wonder“-Saatgut zog die Behörde ein, die Bestände beim Händler sperrte sie.
Auch die zuständigen Stellen in Baden-Württemberg reagierten prompt: Der betroffene Bauer habe das Feld bereits umgebrochen und die etwa 2000 Maispflanzen vernichtet, sagte eine Sprecherin des Agrarministeriums dem Informationsdienst Gentechnik. „Das übrige Saatgut wurde eingezogen.“ Auf dem fraglichen Acker, auf dem von der zuständigen Landwirtschaftsbehörde weiter regelmäßig Proben genommen werden, darf in diesem Jahr kein Mais mehr angebaut werden, um eine Vermischung von konventionellem und Gentech-Saatgut zu vermeiden. In Deutschland dürfen Landwirte grundsätzlich keinen gentechnisch veränderten Mais kultivieren und Saatgut darf nicht gentechnisch verunreinigt sein. Hier gilt das Prinzip der Nulltoleranz. Dass das im Zeitalter globalen Handels mit gentechnisch verändertem Saatgut – vor allem aus Südamerika und den USA – nicht leicht sicherzustellen ist, ist allen Beteiligten bewusst.
Um mögliche gentechnische Verunreinigungen möglichst frühzeitig zu entdecken, nehmen alle Bundesländer seit vielen Jahren regelmäßig Stichproben von Saatgut, Ernte und Lebensmitteln und erstatten einmal jährlich Bericht über die Ergebnisse. So wurden in Niedersachsen im Zeitraum von 01.10.2019 bis 31.03.2020 insgesamt 88 Maissaatgutpartien (Silo- und Körnermais) beprobt, der größte Teil davon parallel zum Saatgut-Anerkennungsverfahren, teilte das Umweltministerium mit. „Dabei wurde keine positive Probe gefunden.“
Auch in Baden-Württemberg, wo jährlich rund 40 Maisproben untersucht werden, waren die Ergebnisse drei Jahre unauffällig – bis jetzt. Gefunden wurden im März jedoch nicht die wundersamen Gentechnikkörner im „Sweet Wonder“, sondern gentechnisch veränderter MON89034-Mais von Monsanto in einer Lieferung konventionellen Albireo-Maises aus Österreich. Das betroffene Saatgut sei inzwischen vollständig nach Österreich zurückgeschickt worden, hieß es. [vef]
Hinweis: Inzwischen stimmen die Angaben der beteiligten Behörden überein, dass der "Sweet Wonder"-Mais von dem niedersächsischen Händler importiert und ins In- und Ausland weiter verkauft wurde - unter anderem nach Ungarn. Siehe auch die Folgemeldung im Infodienst am 17.6.2020.