Nach Klagen von Bauern- und Umweltverbänden verbot ein US-Berufungsgericht vergangene Woche, das Unkrautvernichtungsmittel Dicamba in den USA weiterhin zu verkaufen oder zu versprühen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die US-Umweltbehörde EPA habe bei der Zulassung die Risiken des Pflanzengifts erheblich unterschätzt. Die Landwirte dürfen ihre Bestände jetzt noch bis 31. Juli aufbrauchen.
Wie der Informationsdienst Gentechnik bereits berichtete, besteht das Problem beim leicht flüchtigen Dicamba darin, dass es beim Spritzen häufig auf Nachbarfelder verweht wird. Wachsen dort Pflanzen, die nicht gentechnisch gegen Dicamba resistent gemacht wurden, vernichtet das Herbizid Teile der Ernte. 170 betroffene Bauern haben daher nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Hersteller von Spritzmitteln mit Dicamba - die Konzerne Bayer, BASF und Corteva - auf Schadenersatz verklagt. In einem ersten Verfahren wurden Bayer und BASF zu 265 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. In diesem Prozess belegten Dokumente, dass die Hersteller Abdriftprobleme von vorneherein einkalkuliert hatten.
Wegen dieser bekannten Probleme hatte die EPA die aktuelle Dicamba-Version im Jahr 2018 auch nur noch unter zahlreichen Auflagen für zwei weitere Jahre zugelassen. Das Berufungsgericht bemängelte nun, es sei selbst „hochqualifizierten Pestizidanwendern“ praktisch unmöglich, diese umfangreichen Auflagen alle zu befolgen. Außerdem verwiesen die Richter auf die sozialen Kosten des Streits, der unter benachbarten Landwirten gesät werde, die verschiedene Spritzmittel-Saatgut-Kombinationen verwenden. Ein Farmer wurde dabei bereits erschossen. Am Ende fühlten sich viele Bauern gezwungen, wie ihre Nachbarn dicambaresistentes Gentech-Saatgut zu kaufen, um größere Ernteschäden durch deren Spritzmittel zu vermeiden. Und dieses passende Gentech-Saatgut haben Bayer, BASF und Corteva natürlich im Angebot.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßte das US-Urteil als „bahnbrechend“. Gentechnik-Expertin Annemarie Volling forderte den Bayer-Konzern auf, nicht nur den Verkauf des Spritzmittels, sondern auch den der passenden Dicamba-resistenten Soja- und Baumwoll-Pflanzen in den USA umgehend zu stoppen. Außerdem müsse er betroffene Farmer entschädigen, die bereits solches Saatgut für dieses Jahr erworben haben. Wie die Agentur Reuters berichtet, dürften nach Angaben von Bayer in diesem Jahr rund 60 Prozent der amerikanischen Sojabohnenpflanzen mit dem auf Dicamba abgestimmten Bayer-Saatgut Xtend gepflanzt werden.
Nach Informationen des Handelsblatts wäre die Zulassung der nun verbotenen Dicamba-Variante ohnehin im Dezember ausgelaufen. Reuters zufolge bemüht sich Bayer bereits um eine neue Zulassung für 2021 und rechnet damit im Herbst. Das Berufungsurteil will der Konzern möglicherweise anfechten. [vef]