Der jahrzehntelange Einsatz glyphosathaltiger Herbizide auf deutschen Äckern und Obstplantagen zeigt Wirkung: Unkrautforscher haben die ersten glyphosatresistenten Pflanzen gefunden. Auch gegen andere Herbizide werden immer mehr Pflanzen in Deutschland immun.
Anfang März trafen sich in Braunschweig die deutschen Unkrautforscher zu ihrer jährlichen 'Arbeitsbesprechung über Fragen der Unkrautbiologie und –bekämpfung'. Ein Themenschwerpunkt des Treffens waren Herbizidresistenzen. Zwei Vertreter von Landesanstalten aus Rheinland-Pfalz und Bayern berichteten dort über die „erste Glyphosat-Resistenz in Deutschland“. Untersucht hatten sie Deutsches Weidelgras aus einem Obstbaubetrieb in Rheinhessen. Dessen Betreiber hatte unter seinen Bäumen seit 2003 das Weidelgras mit Glyphosat bekämpft. 2017 seien drei Glyphosat-Behandlungen erforderlich gewesen, um eine akzeptable Wirkung auf das Weidelgras zu erzielen, heißt es in dem Behördenbericht. Danach hatte sich der Landwirt an die amtlichen Unkrautforscher gewandt, die in aufwändigen Versuche nachwiesen, dass dieses Gras tatsächlich resistent war – übrigens nicht nur gegen Glyphosat, sondern in geringerem Maße auch gegen den Wirkstoff Pyroxsulam.
Die beiden staatlichen Unkrautforscher berichteten auch von einer „Minderwirkung von Glyphosat“ bei einer Population des Mäuseschwanz-Federschwingels, ein Süßgras, das von einem Winzer in Rheinhessen gemeldet wurde. Aufgrund ihrer Versuche sprachen sie von einem „begründeten Verdacht auf eine nachlassende Sensitivität bzw. beginnende Resistenz gegenüber Glyphosat in der untersuchten Population“ und kündigten weitere Untersuchungen an.
Forscher der Landwirtschaftskammer Niedersachsen berichteten auf der Tagung, „dass die Wirksamkeit von Glyphosat bei bestimmten Populationen von Alopecurus myosuroides reduziert ist“. Alopecurus myosuroides ist der Ackerfuchsschwanz, eine Gräserart, die als Unkraut vor allem in Wintergetreide berüchtigt ist. Die Forscher hatten sechs Populationen des Unkrauts aus verschiedenen Regionen Niedersachsens im Gewächshaus angebaut und mit unterschiedlichen Dosierungen von Glyphosat behandelt. Drei Wochen nach der Behandlung hatten „einzelne Individuen aus vier Populationen“ hohe Glyphosatmengen „ohne jeglichen sichtbaren Schaden“ überstanden und wuchsen weiter. Bei niedrigeren Herbizidmengen trieben nach sechs Wochen einzelne Pflanzen aus den vier Populationen neu aus. „Die in dieser Studie gemachten Beobachtungen deuten darauf hin, dass die getesteten Populationen ein Potenzial zur Resistenzentwicklung haben könnten“, formulierten die Forscher vorsichtig. Denn ihr Ergebnis hat große Relevanz für konventionelle Ackerbauern. Der Ackerfuchsschwanz und andere Gräser haben in vielen Regionen Deutschlands bereits Resistenzen gegen zwei wichtige Gruppen von Herbizidwirkstoffen entwickelt und Glyphosat gilt bei Landwirten, die unter diesen resistenten Gräsern leiden, als letzte Hoffnung. Deshalb argumentieren auch viele von ihnen gegen ein Verbot von Glyphosat. Die Ergebnisse der Unkrautforscher jedoch zeigen, dass auch Glyphosat keine dauerhafte Lösung darstellt. [lf]