Zahlreiche Bürger fordern: neue Gentechnik-Verfahren wie den von Cibus mittels Genome Editing hergestellten Raps nicht durchwinken.

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Bund beauftragt Studie zu Nachweisverfahren für genomeditierte Pflanzen

Fast zwei Jahre nach dem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur neuen Gentechnik hat das Bundeslandwirtschaftsministerium nun eine erste Studie ausgeschrieben. Sie soll zeigen, inwieweit es machbar ist, genomeditierte Pflanzen und ihre Produkte rechtssicher zu identifizieren. Ergebnisse sollen bis Ende August 2022 vorliegen.

Das Ministerium „benötigt externe Entscheidungshilfe“, schreibt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in der Ausschreibung. Es geht um die Frage, wie sich nachweisen lässt, ob das Genom einer Pflanze mit einem neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas verändert wurde. Die Behörden brauchen solche Nachweisverfahren, um kontrollieren zu können, ob entsprechend veränderte Pflanzen unbeabsichtigt und/oder widerrechtlich auf den deutschen Markt gelangen. Deshalb hat die BLE eine „Machbarkeitsstudie zu Nachweis- und Identifizierungsverfahren für genomeditierte Pflanzen und pflanzliche Produkte“ ausgeschrieben. Interessierte öffentliche Forschungseinrichtungen konnten bis 15. Juni ihre Projektskizzen einreichen. Nach Angaben der BLE wurden zwei Skizzen eingereicht, „die sich derzeit noch im Bewertungsverfahren befinden. Das Vorhaben wurde noch nicht vergeben“, schrieb die BLE.

Was die beiden interessierten Forschungseinrichtungen tun sollen, steht relativ ausführlich in der Bekanntmachung. Als erstes müssen sie sich selber ihr Forschungsmaterial besorgen: „Ausgangspunkt für das Entscheidungshilfevorhaben ist vorliegendes Referenzmaterial einer genomeditierten markt-relevanten Pflanze (als Schüttgut gehandelte Getreide oder Leguminosen) und deren Elternlinie sowie die vorherige genaue Information über die Genomeditierung. Der Zuwendungsempfänger hat diese Referenzmaterialien sowie die Information über die Genomeditierung zur Verfügung zu stellen.“

Die einzige genomeditierte und für die EU derzeit markt-relevante Pflanze ist der herbizidresistente Raps Falco des US-Unternehmens Cibus. Er wird jetzt schon in Kanada und den USA dereguliert angebaut und könnte unbemerkt in die Versorgungsketten gelangen. Die Sojabohne des US-Unternehmens Calyxt mit veränderter Fettsäurezusammensetzung wird dagegen nach Firmenangaben im Vertragsanbau ausgebracht, getrennt geerntet und verarbeitet. Das Risiko, dass solche Bohnen versehentlich in konventionelle Sojalieferungen nach Europa geraten, ist deshalb geringer. Bei beiden Pflanzen könnten deutsche oder europäische Behörden es derzeit aber nicht feststellen, falls ihre Samen eine Lieferung von Raps- oder Sojasaatgut verunreinigten.

Das Problem für die deutschen Behörden ist, dass sie US-Unternehmen nicht verpflichten können, ihnen den „Bauplan“ ihrer gentechnischen Entwicklungen herauszugeben. Den bräuchten sie aber nach aktuellem Stand der Wissenschaft, um ein Nachweisverfahren dafür zu entwickeln. Und freiwillig geben Unternehmen eher selten Einblick in die Errungenschaften ihrer Forschung. Daher kann sich auch für die ausgeschriebene Machbarkeitsstudie nur bewerben, wer gentechnisch veränderte Pflanzen nebst „Bauplan“ mitbringt. In Frage kommen etwa deutsche Labore in öffentlicher Hand, die derzeit gefördert vom Bund daran arbeiten, Gerste, Weizen, Raps und Mais mit Gen-Scheren zu verändern. Sie hätten das notwendige Ausgangsmaterial, anhand dessen sie Nachweisverfahren entwickeln könnten, die für eine Zulassung der Pflanzen nach europäischem Recht notwendig sind.

Dazu müssen sie laut Ausschreibung das gesamte Genom sequenzieren und Abweichungen im Erbgut feststellen, die nicht durch natürliche Mutation sondern durch den Eingriff entstanden sind. In der zweiten Phase soll dann aus diesen Abweichungen ein rechtssicheres Nachweis- und Identifizierungsverfahren entwickelt werden. Gelänge dies, wäre ein Argument von Kritikern des EuGH-Urteils widerlegt, dass ein solcher Nachweis technisch gar nicht möglich sei. Noch nicht gelöst wäre vermutlich das Problem, an den Bauplan des Cibus-Raps zu kommen. Hier hätte die EU-Kommission erst in einem offiziellen Zulassungsverfahren eine Handhabe, genaue Angaben zum gentechnischen Eingriff zu verlangen. [lf]

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