Karl Bär vom Münchner Umweltinstitut (re.) mit der Wissenschaftlerin Maren Kruse-Plaß an einem Passivsammler für Pestizide in der Luft. Foto: Christoph Stache

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Florida: 750 Millionen Gentech-Moskitos fliegen ab 2021

In den kommenden beiden Jahren darf das Biotechunternehmen Oxitec 750 Millionen gentechnisch veränderte Tigermücken auf der amerikanischen Inselgruppe Florida Keys freilassen. Gegen den Widerstand Hunderttausender US-Bürger haben in jahrelangen Verhandlungen neun staatliche Behörden zugestimmt – zuletzt auch die Administration vor Ort. Umweltschützer warnen, die Risiken einer solchen Aktion seien unabsehbar.

Das Ziel ist, die ägyptische Tigermücke (lateinisch Aedes aegypti) auszurotten, weil sie lebensbedrohliche Krankheiten wie Denguefieber oder das Zika-Virus überträgt – auch auf den Florida Keys. Warum man dann Millionen Moskitos aussetzen will? Weil es sich um männliche Mücken handelt, die nicht stechen und denen ein neues Gen namens Tetrazyklin-Transaktivator eingepflanzt wurde. Paaren sich diese Mückenmännchen mit wildlebenden Weibchen, geht das Gen auf die Nachkommen über und sorgt dafür, dass weibliche Larven absterben. So sollen nach und nach nur noch männliche Tigermücken übrigbleiben, die sich alleine naturgemäß nicht mehr vermehren können. Laut Oxitec ließ sich auf ähnliche Weise eine Mückenpopulation in Brasilien angeblich um 95 Prozent reduzieren.

Wie Umweltschützer warnen, birgt das Projekt aber eine Reihe von Risiken: So war bei früheren Versuchen festgestellt worden, dass tatsächlich auch ein kleiner Anteil gefährlicher weiblicher Mücken ausgesetzt wurde. Außerdem weist die Organisation Center for Food Safety (CFS) darauf hin, dass möglicherweise nicht alle weiblichen Larven tatsächlich absterben. So können sich durch die Kreuzung verschiedener Mückenarten neue Sorten bilden. Sie könnten am Ende gefährlicher sein als die Ausgangsart. CFS verweist auf eine aktuelle Studie, wonach in der Folge einer Oxitec-Freisetzung in Brasilien die veränderten Gene in der Wildpopulation nachgewiesen werden konnten. Unklar sei auch, was mit Vögeln oder Säugetieren passiert, welche die genveränderten Mücken fressen. CFS-Direktor Jaydee Hanson sprach daher von einem „Jurassic Park-Experiment“.

Entsprechend groß ist der öffentliche Widerstand, seit die Pläne bekannt wurden. Eine Petition gegen das Vorhaben auf der Webseite change.org haben Stand heute mehr als 235.000 Menschen unterschrieben. Bei der US-Umweltbehörde EPA äußerten sich während der öffentlichen Anhörung mehr als 31.000 Bürger ablehnend zum Projekt. Nur 56 hielten es für nötig. Auch auf den Florida Keys haben die betroffenen Anwohner mehrheitlich gegen die Freisetzung der Mücken gestimmt. Doch alles half nichts. Die Behörden waren verzweifelt, weil sie jahrelange mit hohen Kosten vergeblich versucht hatten, die Tigermücken mit Insektiziden zu bekämpfen. Diese wurden jedoch in kurzer Zeit resistent gegen das Gift. Daher wandten sich die Behörden nach Angaben des US-Senders CNN 2012 an Oxitec.

Die Firma, die Amerikanern gehört und 2002 in Kooperation mit der Universität Oxford mit Hauptsitz in Großbritannien gegründet wurde, experimentiert schon seit Jahren in verschiedenen Teilen der Welt mit gentechnisch veränderten Mücken. Wie der Infodienst Gentechnik bereits berichtete, sind ihre angeblichen Erfolge aber umstritten. Entsprechend deutlich ist auch die Kritik von Dana Perls von der Umweltorganisation Frieds of the Earth (dt.: Freunde der Erde): „Bei dieser Genehmigung geht es vor allem darum, den Profit von Oxitec zu maximieren und nicht um die dringende Notwendigkeit, etwas gegen Krankheiten zu tun, die von Mücken übertragen werden.“ Und dafür würden mitten in einer Pandemie Menschen und Umwelt unnötig in Gefahr gebracht, schimpft Perls.

Die Covid 19-Pandemie ist denn auch das Argument, mit dem die Behörden in Texas es derzeit ablehnen, den Einsatz von Gentech-Tigermücken zu genehmigen. Auch für diese Region hatte die US-Umweltbehörde EPA Oxitec einen entsprechenden Antrag im Mai bewilligt. Die Behörden im Bundesstaat und vor Ort hätten mit der Pandemie aber gegenwärtig genug zu tun, sagte ein Sprecher der lokalen Gesundheitsbehörde dem US-Sender CNN. Es gebe derzeit keine Pläne, das Projekt voranzubringen. [vef]

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