Zwei Monate nachdem in Baden-Württemberg gentechnische Verunreinigungen in einer Leinsamenernte auftauchten, kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) den Verbleib von sechs Tonnen vermutlich verunreinigtem Saatgut aus dem Jahr 2018 zumindest teilweise aufklären: Es wurde in Bayern, Sachsen und bei drei Landwirten in Baden-Württemberg ausgesät. Die Ernte gelangte in die Nahrung, ins Tierfutter und als Gründünger wieder auf den Acker.
Wie das BVL dem Infodienst Gentechnik auf Anfrage mitteilte, lieferte ein hessischer Händler ein Drittel der aus Tschechien importierten 6000 Kilogramm Leinsamen nach Bayern. Dort seien die Leinsamen vollständig zu Greening-Mischungen verarbeitet worden, die nach dem Heranwachsen nicht geerntet, sondern als Gründüngung in den Acker eingearbeitet worden seien, so ein BVL-Sprecher. 50 Kilo der betreffenden Partie erhielt ein Betrieb in Sachsen. Er vermischte sie mit 1100 Kilogramm Leinsamen anderer Chargen und säte die gesamte Menge im Jahr 2018 aus. Die Ernte wurde nach Behördenangaben noch im selben Jahr vollständig im landwirtschaftlichen Betrieb verfüttert.
Wieviel von den sechs Tonnen tschechischer Leinsamen nach Baden-Württemberg gelangte, dazu machten bislang weder das dortige Agrarministerium noch das BVL Angaben. Zu erfahren war lediglich, dass sich die Zahl der betroffenen Landwirte seit der Erstmeldung Anfang Dezember von einem auf drei erhöht hat. Außerdem informierte das BVL darüber, dass die Bauern den Leinsamen nicht nur ausgesät, sondern auch nachgebaut hätten. Die Verunreinigung beim Biobauern sei im November 2020 in Leinsamen gefunden worden, den er bereits in einem der Vorjahre geerntet hatte. Das ursprüngliche Saatgut aus der tschechischen Charge hatte er im Jahr 2018 bei einem Zwischenhändler in Baden-Württemberg gekauft.
Das baden-württembergische Agrarministerium verwies auf Nachfrage darauf, dass die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien. Erst dann werde man weitere Informationen veröffentlichen. Immerhin hatte man dem BLV mitgeteilt, dass die südwestdeutschen Behörden außer den bereits bekannten 80 Kilo Leinsamen, die zu Backwaren verarbeitet und verkauft wurden, die gesamte übrige Leinsamenernte der drei betroffenen Bauern in ihrer Region sicherstellen konnten.
Wie der Infodienst bereits berichtete, waren Ende 2020 bei einem baden-württembergischen Biobauern knapp acht Tonnen Leinsamen sichergestellt worden, nachdem die Behörden bei einer routinemäßigen Stichprobenkontrolle eine gentechnische Verunreinigung mit dem herbizidtoleranten Leinsamen FP 967 (Triffid) festgestellt hatten. Recherchen ergaben, dass die Verunreinigung vermutlich aus einer tschechischen Charge stammt, von der 2018 sechs Tonnen nach Deutschland und vier Tonnen nach Irland exportiert worden waren. Nach offiziellen Angaben soll auch der Leinsamen in Irland vollständig vernichtet worden sein. [vef/lf]