Der Agrarchemiekonzern Bayer hat dem krebskranken amerikanischen Platzwart Dewayne Johnson 20,5 Millionen US-Dollar Schadenersatz überwiesen. Anders als angekündigt will der Konzern gegen das Berufungsurteil vom Sommer 2020 aus „strategischen Erwägungen" keine Rechtsmittel mehr einlegen, bestätigte ein Sprecher dem Infodienst Gentechnik. Damit wird erstmals ein US-Urteil rechtskräftig, demzufolge der Unkrautvernichter Glyphosat Krebs verursacht hat und die Bayertochter Monsanto nicht ausreichend davor warnte.
Bayer halte das Urteil inhaltlich zwar weiter für falsch, wolle aber eher eine andere Klage - die des krebskranken Rentners Edwin Hardeman - als Musterverfahren vor den Supreme Court bringen, teilte der Konzern auf Anfrage des Informationsdienst Gentechnik mit. Denn im Fall Hardeman, der derzeit vor einem Bundesgericht verhandelt wird, erhofft sich Bayer, dass das Gericht seine „Urteilsbegründung zu wichtigen Fragen des Bundesrechts, die den Verfahrenskomplex zu Roundup insgesamt betreffen, voraussichtlich veröffentlichen wird, etwa zum Vorrang von Bundesrecht und der Zulässigkeit von Sachverständigenbeweisen“. Nur dann könne der anschließende Prozess beim Supreme Court auch Auswirkungen auf andere Glyphosatklagen haben, so der Sprecher. Im Johnson-Urteil fehlten die genannten Ausführungen.
In seinem im Februar dieses Jahres veröffentlichten Geschäftsbericht 2020 hatte Bayer noch angekündigt, die Musterverfahren durch alle Instanzen führen zu wollen. Neben den Klagen von Johnson und Hardeman gehört dazu auch der Prozess des kalifornischen Rentnerehepaars Pilliod. Alle vier sind an Lymphdrüsenkrebs (Non-Hodgkin-Lymphom) erkrankt. Dewayne Johnson hatte als Platzwart viele Jahre mit glyphosathaltigen Spritzmitteln gearbeitet. Hardemann und die Pilliods hatten den Unkrautvernichter seit den 1980ern auf ihren Privatgrundstücken eingesetzt. Wie die Tageszeitung taz berichtete, bezweifelt Johnsons Anwalt Brent Wisner Bayers Argumentation. Der Konzern habe vielmehr deshalb auf weitere Rechtsmittel verzichtet, weil er erkannt habe, "dass der Supreme Court das Urteil nie kippen würde".
Wie Bayer weiter mitteilte, habe man sich inzwischen mit etwa 90.000 Klägern wegen Glyphosat-Schäden außergerichtlich geeinigt oder stehe kurz davor. Manche Streitfälle passten allerdings nicht in die Vergleichsvereinbarung, die der renommierte US-Anwalt Kenneth Feinberg im Auftrag von Bayer ausgearbeitet hat. Da ursprünglich von 125.000 Glyphosat-Klagen die Rede war, müssten aktuell noch rund 35.000 offen sein. Insgesamt hat Bayer zehn Milliarden US-Dollar für außergerichtliche Vergleiche bereitgestellt.
Verhandelt wird auch noch darüber, wie mit künftigen Glyphosat-Klagen umgegangen werden soll. Bayer möchte das gerne im Vergleichspaket mit den klagenden Anwaltskanzleien gleich mitregeln. Einen ersten Vorschlag hatte der zuständige Richter zurückgewiesen. Eine überarbeitete Lösung wird aktuell geprüft. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zunächst berichtet, dass das zuständige Gericht die Beteiligten am 31. März anhören wolle. Das Gericht hatte den Termin anberaumt, nachdem Bayer im Februar für mögliche zukünftige Fälle einen Betrag von zwei Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt und sich auch schon mit einer Gruppe von Geschädigtenanwälten auf eine Regelung verständigt hatte. Inzwischen wurde der Anhörungs-Termin auf den 12. Mai verschoben. Die US-amerikanische Recherchegruppe „U.S. Right to Know‟ erklärte das mit Widerständen aus dem Kreis von Anwälten, Kanzleien und Verbänden. 90 Kanzleien, 160 Anwälte und andere hätten dem Gericht mitgeteilt, dass sie mit den jüngsten Vorschlägen von Bayer nicht einverstanden seien. [cp/vef]