Die AbL protestiert vor dem Bayerkonzern in Leverkusen. Foto: AbL

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Anhörung im Europaparlament: roter Teppich für Gentechnik-Lobbyisten

Ein Gremium des EU-Parlaments hat eine Anhörung über neue Gentechnikverfahren bei Pflanzen organisiert. Schon im Vorfeld gab es Kritik an der Auswahl der Vortragenden. Denn mehrere von ihnen haben deutliche Verbindungen zur Agro-Gentechnik.

Das Panel for the Future of Science and Technology (STOA) ist ein offizielles Gremium des Europäischen Parlaments und mit 25 Abgeordneten aus unterschiedlichen Auschüssen besetzt. Seine Aufgabe ist es, die Auswirkungen neuer Technologien sachkundig und unabhängig zu bewerten und daraus Empfehlungen für das Parlament abzuleiten. In diesem Rahmen lud das Panel sieben Expertinnen und Experten zu einem Online-Hearing ein.

Bereits im Vorfeld kritisierten die Organisationen Testbiotech und Corporate Europe Observatory die Anhörung als unausgewogen. Zwei der Redner, Piet van der Meer und Julian Kinderlerer, seien führende Mitglieder der Lobbyorganisation PRRI (Public Research and Regulation Initiative), die von Gentechnikfirmen und –verbänden unterstützt werde und sich für deren Positionen stark mache. Der Hauptredner Virginijus Šikšnys, Crispr/Cas-Forscher an der Universität Vilnus, hat nach Angaben der beiden Organisationen mehrere einschlägige Patente angemeldet und einen exklusiven Lizenzvertrag mit dem Gentech-Konzern Corteva abgeschlossen. Erst nachdem die Organisationen dies alles in einem Schreiben an die STOA kritisiert hatten, seien weitere Sprecher*innen eingeladen worden, teilte Testbiotech mit. So konnte bei der Anhörung Heike Moldenhauer für den Verband ENGA (European Non-GMO Industry Association) die Position der gentechnikfrei wirtschaftenden Unternehmen in Europa darstellen. Sie war die einzige gentechnikkritische Stimme.

Vorgestellt wurde, von Julian Kinderlerer, das Kapitel über Neue Gentechnik bei Pflanzen aus einer aktuellen Stellungnahme der Ethik-Beratungsgruppe der EU-Kommission (EGE). Die Stellungnahme dieses hochrangigen Beratungsgremiums betont die Vorteile neuer gentechnischer Pflanzen stärker als deren Risiken. Bei gentechnischen Änderungen, die auch auf natürliche Weise durch Mutation oder Züchtung passieren könnten, bräuchten Pflanzen und Erzeugnisse weder gekennzeichnet werden noch rückverfolgbar sein, heißt es in den Empfehlungen der EGE. Michelle Habets vom niederländischen Rathenau-Institut plädierte ebenfalls dafür, diese Pflanzen zu deregulieren und vor der Vermarktung nur eine Notifizierung zu verlangen. Heike Moldenhauer stellte klar, dass dies 95 Prozent aller genom-editierten Pflanzen betreffe, die derzeit in der Pipeline seien.

Beide Vortragenden gingen bei ihren Deregulierungsbestrebungen nicht auf die wachsende Zahl an Studien ein, die belegen, dass auch kleine Eingriffe ins Erbgut wie das Abschalten von Genen oder Punktmutationen zu unerwünschten Nebeneffekten führen. Testbiotech bewertete das EGE-Kapitel als wissenschaftlich nicht ausreichend fundiert und forderte eine Überarbeitung. [lf]

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