Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) meldete für 2020 stark steigende Umsatzzahlen für zertifiziert gentechnikfreie Produkte. Gleichzeitig warnte er die Politik davor, das EU-Gentechnikrecht aufzuweichen. Das würde die bisherigen Erfolge gefährden.
In 2020 kauften die Menschen in Deutschland für 12,6 Milliarden Euro Lebensmittel mit dem Ohne Gentechnik-Siegel ein. Gegenüber 2019 bedeutet das eine Steigerung von über zwölf Prozent, deutlich mehr als der VLOG, der Träger dieses Siegels, vor einem Jahr erwartet hatte. Er bezifferte den Marktanteil von Ohne Gentechnik bei Lebensmitteln auf rund 5,4 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieses Siegel vor allem von Herstellern und Händlern tierischer Lebensmittel benutzt wird, um den Verbraucher*innen zu signalisieren, dass die Tiere keine gentechnisch veränderten Futtermittel bekommen haben. So entfielen 8,8 Milliarden Euro und damit 70 Prozent des Ohne Gentechnik-Umsatzes auf Milchprodukte. Es folgten Geflügelfleisch mit 2,2 Milliarden und Eier mit 1,1 Milliarden Euro Umsatz.
„Ohne Gentechnik-Produkte haben sich in den letzten zehn Jahren einen festen Platz in den Regalen und Einkaufskörben erobert“, sagte VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. „Verbraucherinnen und Verbraucher legen hohen Wert auf Gentechnikfreiheit. Damit meinen sie ausdrücklich auch neue Gentechnik-Verfahren wie Crispr, wie aktuelle Umfragen zeigen.“ Deshalb sei es „essenziell, dass in der EU auch Gene Editing, Crispr und Co. ausnahmslos weiterhin als Gentechnik gelten“, mahnte Hissting. Sonst gäbe es keine Transparenz mehr und die Kennzeichnung würde nahezu unmöglich.
Ende April wird die EU-Kommission ihre Studie zur Regulierung neuer gentechnischer Verfahren vorlegen. Dies dürfte die Diskussion um eine Deregulierung des EU-Gentechnikrechts verschärfen. Hissting erinnerte daran, dass es die Aufgabe der Behörden sei, die bestehende Rechtslage durchzusetzen und illegale Gentechnik-Importe auszuschließen. Dazu müssten sie endlich Nachweisverfahren entwickeln und einsetzen. Dass dies möglich ist, hatte der VLOG zusammen mit anderen Organisationen 2020 gezeigt und einen Test vorgestellt, mit dem sich Verunreinigungen mit gentechnisch verändertem Cibus-Raps nachweisen lassen.
Die Zahlen des VLOG beruhen auf Auskünften der Lizenznehmer des Ohne Gentechnik-Siegels. Dadurch werden die Umsätze auf Herstellerebene genau erfasst. Um zu Verbraucherpreisen zu gelangen, rechnet der VLOG eine pauschale Handelsspanne und die Mehrwertsteuer dazu. Aufgrund der Prognosen der bisherigen Lizenznehmer schätzt der Verband, dass sich der Ohne Gentechnik-Umsatz 2021 mindestens um weitere 3,5 Prozent erhöhen wird. Das Siegel wird fast nur von konventionellen Herstellern benutzt, die sich mit Gentechnikfreiheit von Mitbewerbern abheben wollen. Bio-Hersteller verwenden das Siegel kaum, da die gesamte ökologische Lebensmittelwirtschaft durch die EU-Öko-Verordnung sowieso dazu verpflichtet ist, ohne Gentechnik zu produzieren. Auch der Bio-Umsatz von 15 Milliarden Euro in 2020 ist also garantiert gentechnikfrei – und ebenso durch eine Deregulierung gefährdet. [lf]