Erstmals wurden in den USA gentechnisch veränderte Moskitos freigesetzt. Sie sollen die dort lebenden Stechmücken dezimieren, die Zika- oder Dengue-Viren übertragen können. Doch hat das schon in anderen Versuchen nicht richtig funktioniert.
In den nächsten drei Monaten werden auf den Florida Keys, einer Inselgruppe 200 Kilometer vor der Südspitze des US-Staates Florida, 140.000 männliche Mücken aus eigens deponierten Eiern schlüpfen. Sie wurden von der britische Firma Oxitec gentechnisch so verändert, dass von ihnen gezeugte weibliche Moskitos im frühen Larvenstadium absterben. Männliche Nachkommen hingegen überleben und geben das geänderte Gen an die nächste Generation weiter. So soll die Population der ägyptischen Tigermücke (Aedis aegypti) eingedämmt werden, die mehrere Krankheitserreger übertragen kann. Zwar mache diese Mückenart laut Oxitec nur vier Prozent der gesamten Stechmückenpopulation auf den Inseln aus, doch gingen fast alle Krankheitsübertragungen auf ihr Konto. Nach diesem ersten Versuch will Oxitec in einer zweiten Welle 20 Millionen Mücken freisetzen. Im kommenden Jahr sollen dann in Florida und Texas über eine Milliarde Gentech-Mücken freigelasssen werden.
Zehn Jahre hatte Oxitec gebraucht, um von den US-Behörden die Zulassung zu diesem Experiment zu bekommen und der Widerstand in der betroffenen Bevölkerung ist nach wie vor groß. Ein Grund für die Ablehnung sind die Erfahrungen bisheriger Versuche von Oxitec etwa in Brasilien. Um 90 Prozent sei die Stechmücken-Population dort zurückgegangen, betont das Unternehmen. Doch 18 Monate nach Beginn der Freisetzungen hatte sich die Population wieder erholt, stellten Wissenschaftler der Universität von Yale fest. Sie fanden zudem in einem Teil der Mücken Erbgut der freigesetzten Gentech-Moskitos und befürchten, dass dadurch besonders robuste Hybrid-Mücken entstehen könnten.
„Körper, Blut und Privateigentum meiner Familie werden in diesem Experiment ohne Sicherheitsstudien am Menschen und ohne meine Zustimmung verwendet", zitierte das Center for Food Safety (CFS) eine der betroffenen Bewohnerinnen von Key West. Jaydee Hanson, politischer Direktor des CFS, kritisierte, dass die Umweltbehörde EPA relevante Dokumente von Oxitec über die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt als vertrauliche Geschäftsinformationen zurückgehalten habe.
Die Kritiker des Versuchs bezweifeln auch, ob es hilft, nur die zugereiste Tigermücke zu bekämpfen, da auch die anderen Mückenarten Krankheiten übertragen könnten. Doch wenn es die Tigermücke sein soll, gebe es auch etablierte gentechnik- und chemikalienfreie Methoden, sie zu dezimieren, berichtete die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). So könnten Tigermücken im Labor mit dem Bakterium Wolbachia infiziert werden, das die Männchen steril macht. Versuche in Indonesien hätten gezeigt, dass sich damit lokal die Rate an Dengue-Infektionen um bis zu 77 Prozent senken lasse. In Kalifornien seien 2018 Millionen dieser Wolbachia-Mücken freigesetzt worden – ganz ohne Akzeptanzprobleme. Eine US-Firma, die diese Technik anbietet, sei derzeit ausverkauft, heißt es in der NZZ.[lf]