Der Agrarchemiekonzern Syngenta hat auf konventionellem Weg zwei Tomatensorten gezüchtet, die gegen das Brown Rugose Fruit-Virus (ToBRFV) immun sind. Mithilfe von Genmarkern gelang es nach Unternehmensangaben, die nötigen Resistenzmerkmale in der hauseigenen Keimplasmabibliothek zu identifizieren und so die Züchtung zu beschleunigen. Für das gentechnikkritische Portal GMWatch belegt das, dass die konventionelle Züchtung der Gentechnik weiterhin überlegen ist.
Die Syngenta-Forscher sind allerdings noch nicht ganz zufrieden. Denn die beiden neuen Sorten sogenannter Beefsteak-Tomaten mit den Namen Lansor und Barosor sind nur intermediär resistent. Das heißt, dass leichte Symptome des Brown Rugose Fruit-Virus wie Mosaikmuster auf den Tomatenblättern, eingerollte Blätter, gelbe Flecken auf den Früchten und Nekrosen am Stamm und anderen Pflanzenteilen zwar auftauchen. Der Ernteertrag sei dadurch jedoch nicht gefährdet. Längerfristiges Züchtungsziel sei nun, mit Hilfe von zwei Resistenzgenen hochresistente Pflanzen zu schaffen, erläutert der Chef der globalen Tomatensparte von Syngenta, Ruud Kaagman, auf der Firmenwebseite.
Der Vorteil: Indem sie in den Syngenta-Saatgutlinien drei Genabschnitte identifizierten, die für die Resistenzbildung zuständig sind, konnten die Forscher den Züchtungsprozess von bislang zehn auf weniger als drei Jahre verkürzen. Diese Form des schnellen Eingreifens "hat es bisher noch nie gegeben", sagt Kaagman. Seine Experten wollen diese Gene nun nutzen, um neue Tomatenhybride zu entwickeln und die widerständigen Eigenschaften mittels sogenannter Introgression in bestehende kommerzielle Sorten einbringen. Dabei handele es sich um kein biotechnologisches Verfahren, sondern lediglich um eine datenwissenschaftlich gestützte Beschleunigung herkömmlicher Kreuzungstechniken, erläutert das Unternehmen.
Syngenta sei mit mehr als 350 Sorten in 35 Segmenten, darunter zahlreiche Beefsteak-, Pflaumen- und Kirschtomaten sowie etliche Spezial-Sorten, weltweit zweitgrösster Anbieter für Tomatensaatgut. Marketing, Vertrieb und Verkauf zusammengerechnet, betrage der Wert der globalen Tomatensparte beinahe 200 Milliarden US-Dollar. Da auch das Brown Rugose Fruit-Virus weltweit unterwegs ist und sich nur schwer eindämmen lässt, besteht nachvollziehbarer Handlungsbedarf. Die Sorte Lansor, die seit Dezember 2020 auf dem Markt ist, werde im Mittelmeerraum und im Nahen Ostens, bereits erfolgreich angebaut.
GMWatch begrüßt es, dass Syngenta offenbar eingesehen habe, dass man komplexe Eigenschaften wie Krankheitsresistenz, hoher Ertrag und Anpassung an extreme Boden- und Klimabedingungen bei Pflanzen besser konventionell züchten könne als mithilfe von Gentechnik. Das liege daran, dass bei der konventionellen Züchtung ganze Genfamilien in Netzwerken zusammenarbeiten, während mittels Gentechnik nur ein oder wenige Gene manipuliert werden könnten. Das Problem sei allerdings, dass Unternehmen immer häufiger auch konventionelle Züchtungserfolge patentieren ließen und damit kleineren Züchtern den Zugriff verwehrten. Initiativen wie „Keine Patente auf Saatgut“ laufen dagegen seit Jahren Sturm. Gerade heute hat das Europäische Patentamt jedoch wieder eine entsprechende Beschwerde abgewiesen. [vef]