Mäuse, Foto: grebrov/Flickr https://bit.ly/3pQ6anX https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/

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Australien: Gene drives gegen Mäuseplage?

Angesichts der größten Mäuseplage seit 40 Jahren erwägt der australische Bundesstaat New South Wales (NSW), diese künftig mit neuer Gentechnik, sogenannten Gene Drives, zu bekämpfen. Wie der Agrarminister Anfang Juni mitteilte, stellt er für ein dreijähriges Forschungsprogramm dazu 1,8 Millionen australische Dollar (etwa 1,15 Millionen Euro) bereit. Unterdessen hat sich das Europäische Parlament gegen den Einsatz von Gene Drives ausgesprochen. EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, sich bei einer internationalen Konferenz im Oktober für ein weltweites Moratorium für Gene drives einzusetzen.

Nach Medienberichten fielen in NSW und Teilen von Queensland in jüngster Zeit Tausende Mäuse über die Felder her und fraßen - teils innerhalb von Stunden – stellenweise fast die gesamte Ernte. Auch der frisch gesäte Winterraps habe teils stark gelitten, berichtete das Portal agrarheute.com. Die Bauernvereinigung "NSW Farmers' Association" rechne mit Einnahmeausfällen von rund einer Milliarde australischer Dollar. Neben den massiven Schäden für die Landwirtschaft registrierten die Behörden bis Ende April bereits doppelt so viele Kranke mit Leptospirose wie im ganzen Jahr 2020, berichtete der Bayrische Rundfunk. Die Krankheit, die zu Nierenversagen und Hirnhautentzündung führen kann, wird von Mäusen übertragen.

Wie also die Tiere loswerden? Neben der Ansiedlung natürlicher Fressfeinde wie Greifvögel oder Echsen und einer erweiterten Zulassung des gefährlichen Giftes Bromadiolon zur Mäusebekämpfung wird nun auch darüber nachgedacht, die Zahl der Mäuse mittels Gene Drive, einer Art gentechnischem Vererbungsturbo, zu kontrollieren. „Indem sie gezielte Gene drives nutzen, wollen die Wissenschaftler den Fortpflanzungszyklus der Mäuse unterbrechen und die Population auf beherrschbarem Level halten“, erläuterte NSW-Agrarminister Adam Marshall in der Hoffnung auf einen „besseren Weg“ als bisher. Forscher der Universität Adelaide sollen den Vererbungsturbo auf zwei Arten testen: Entweder soll den Mäusemännchen ein sogenannter „X-Schredder“ eingebaut werden, der Sperma mit X-Chromosom vernichtet, so dass mehr männliche Nachkommen geboren werden. Oder die weiblichen Mäuse sollen gentechnisch unfruchtbar gemacht werden. Das Vorgehen könne perspektivisch auch auf andere Tierarten wie Ratten, Kaninchen oder Wildkatzen übertragen werden und die Bekämpfung solcher Plagen für immer verändern, so Marshall.

Bedenken hat der australische Minister offenbar nicht. Das Europäische Parlament sorgt sich hingegen schon: In seiner Entschließung zur EU-Biodiversitätsstrategie verwies es vergangene Woche darauf, dass es Sachverständige bisher für schwierig halten, das Verhalten von Gene-Drive-Organismen (GDO) vorherzusagen, ihre Risiken zu bewerten und sie nach der Freisetzung zu kontrollieren. Die Gefahr: GDO könnten selbst zu invasiven Arten werden. Deshalb müssten sie global reguliert, sowie „wirksame Mechanismen zur Kontrolle und Umkehrung der Auswirkungen von Gene Drive-Organismen vollständig entwickelt werden“, schreibt das EU-Parlament. Gesundheitliche, ökologische, ethische und andere Auswirkungen von GDO seien zu erforschen. Bis dahin dürften sie im Blick auf das europarechtliche Vorsorgeprinzip nicht in die Umwelt entlassen werden.

Und weil GDO an Grenzen nicht haltmachen, sondern wie die Mäuse mit Schiffen selbst über Weltmeere gelangen, hatte das Europäische Parlament die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten bereits im Januar 2020 aufgefordert, sich für ein globales Moratorium für Gene Drives einzusetzen. Das sollte eigentlich schon vergangenen Herbst passieren. Die 15. Vertragsstaatenkonferenz zur Konvention über die biologische Vielfalt (COP 15) wurde jedoch pandemiebedingt auf Oktober 2021 verschoben. Die "wichtige Botschaft" sollte daher in die laufenden Vorverhandlungen zur COP 15 sowie in die Diskussionen zur globalen Regulierung der Technologie auf dem nächsten Treffen der Internationalen Union für Naturschutz (IUCN) im September in Marseille eingebracht werden, forderte Mareike Imken von der "Stop gene drive"-Kampagne. Um mögliche australische Gene Drive-Mäuse zu stoppen, wäre das noch zeitig genug. [vef]

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