Die Landwirtschaft birgt Bedrohung und Potenzial für die Artenvielfalt (Foto: CC0)

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Oxitec darf in Brasilien gentechnisch veränderte Mais-Schädlinge freisetzen

Die brasilianische Gentechnik-Behörde CTNBio hat es der britischen Firma Oxitec erlaubt, gentechnisch veränderte Schmetterlinge freizusetzen. Sie sollen ihre unveränderten Artgenossen dezimieren, weil deren Raupen sich von Maispflanzen ernähren. Mitfinanziert wird diese neue Art der Schädlingsbekämpfung von der Bayer AG. Denn deren Gentech-Maispflanzen haben an Wirkung gegen die gefräßigen Raupen verloren.

Spodoptera frugiperda ist eine Schmetterlingsart aus der Familie der nachtaktiven Eulenfalter und in Mittel- und Südamerika heimisch. Ihre Raupen fressen die Blätter und Stängel von Mais und sind deshalb bei Landwirten ein gefürchteter Schädling, der fall armyworm (Herbstheerwurm) genannt wird. 2016 gelangte diese Art nach Afrika und hat sich rasant über den Kontinent sowie Teile Asiens bis nach Australien ausgebreitet.

Um dieses inzwischen weltweite Schädlingsproblem zu lösen, setzt Oxitec auf das gleiche gentechnische Verfahren, mit dem das Unternehmen bereits die ägyptische Tigermücke verändert hat. Freigesetzt werden Männchen, deren weibliche Nachkommen im frühen Larvenstadium absterben. Männliche Nachkommen hingegen überleben und geben das geänderte Gen an die nächste Generation weiter. Oxitec will nun die Produktion männlicher gv-Falter hochfahren und in Brasilien großflächige Pilotprogramme durchführen. Explizit betont das Unternehmen, dass seine gv-Falter andere Bekämpfungsmaßnahmen wie Insektizide und Gentech-Pflanzen ergänzen und deren Effektivität sicherstellen sollen.

Den Herbstheerwurm sollten schon gentechnisch veränderte Maispflanzen besiegen, die Bt-Toxine als Schädlingsgift produzierten. Bereits 2008 zeigte sich, dass die Falter binnen weniger Jahre gegen ein Bt-Toxin (Cry1F1) resistent wurden. Seither liegen, insbesondere aus Brasilien, auch Resistenz-Nachweise für andere Bt-Toxine vor. Als Hersteller davon betroffen ist neben anderen die Bayer-Tochter Monsanto. In einem Text über den Schädling räumt Bayer ein, „dass einige der wirksameren Kontrollstrategien resistenzanfällig geworden sind“. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich der Konzern für Oxitecs Arbeit interessiert. Bayer habe einen zweistelligen Millionenbetrag in das Projekt investiert, meldete der Tagesspiegel im September 2020 und zitierte Bayers Kommunikationschef Matthias Berninger: „Es ist das erste Mal, dass sich Bayer an einem Projekt zur gentechnischen Veränderung von Schädlingen beteiligt.“ In einem eigenen Beitrag auf Linkedin spricht Berninger bezogen auf Oxitec von Zusammenschluss und Zusammenarbeit, die sich derzeit „auf Brasilien konzentriert“. Im Text selbst beschreibt er vor allem die Schäden, die der Heerwurm in den letzten Jahren auf den Feldern afrikanischer Kleinbauern angerichtet hat.

Ob Oxitecs Verfahren den Heerwurm nachhaltig reduzieren kann, ist fraglich. Versuche mit den manipulierten Tigermücken des Unternehmens ergaben, dass die Zielbestände zwar abnahmen, sich nach 18 Monaten aber wieder erholt hatten. Dagegen könnten regelmäßige Freisetzungen von Milliarden von Insekten helfen, was jedoch massive Kosten verursachen würde. Im Tagesspiegel wies ein Insektenforscher auf einen weiteren Punkt hin: Es sei nicht klar, ob sich die Eulenfalterweibchen mehrfach und mit unterschiedlichen Männchen paaren. Das würde die Wirkung der Gentech-Männchen verringern. Auch sind die Falter sehr mobil, so dass benachbarte Populationen schnell eine Region mit geringem Befall neu besiedeln könnten. [lf]

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