Das britische Agrarministerium hat die europaweit ersten Feldversuche mit einem Weizen genehmigt, dessen Gene mit dem neuen Gentechnikverfahren Crispr/Cas verändert wurden. Das teilte das Forschungsinstitut Rothamsted Research (RRI) vergangene Woche mit, das den asparaginreduzierten Weizen ab September fünf Jahre lang jeden Herbst auf seinen Feldern nördlich von London pflanzen wird. „Dieser hochexperimentelle Weizen ist ein Risiko für die Landwirte und die Nahrungskette“, warnte das Verbändebündnis GM Freeze.
Nach Angaben des RRI haben die Wissenschaftler bei einem Weichweizen (Triticum aestivum) mittels alter und neuer Gentechnik das Gen TaASN2 ausgeschaltet. Dadurch produzierten die Pflanzen im Gewächshaus teils nur noch rund zehn Prozent der üblichen Menge der Aminosäure Asparagin. Asparagin verwandele sich beim Backen oder Rösten in das krebserregende Acrylamid, erläuterte Projektleiter Nigel Halford. Acrylamid „kommt in Brot vor und nimmt erheblich zu, wenn das Brot geröstet wird, ist aber auch in anderen Weizenprodukten und vielen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, die gebraten, gebacken, geröstet oder getoastet werden, einschließlich Chips und anderen Snacks, Bratkartoffeln und Kaffee“. In der europäischen Union gelten Grenzwerte für Acrylamid in Lebensmitteln.
Auf einem 1500 Quadrameter großen Versuchsfeld wollen die Forscher nun feststellen, wieviel Asparagin der genmanipulierte Weichweizen unter freiem Himmel produziert und wie die Genveränderung Ertrag und Proteingehalt der Pflanzen beeinflusst. Mittelfristiges Ziel sei es, solche Pflanzen zu selektieren, die keine Werkzeuge der alten Gentechnik mehr enthalten und damit nach Ansicht von Halford nicht mehr gentechnisch verändert seien. Obwohl es in Kürze losgehen soll, ist von der Feldversuchsreihe nach Angaben des RRI erst das erste Jahr finanziert. Wie berichtet kommt das Geld von einem staatlichen Fonds. Die Mittel für das Stipendium des Doktoranden, der die Weizenpflanzen gentechnisch veränderte, steuerten unter anderem fünf britische Weizenzüchter bei.
„Es ist schwer, das Denken zu verstehen, das Gentechnik-Entwickler zu der Entscheidung führt, dass die Verstümmelung der DNA einer Grundnahrungsmittelpflanze eine effektivere Reaktion auf die umstrittenen Gefahren von verbranntem Toast ist, als den Menschen beizubringen, wie man einen Toaster richtig benutzt“, spottete die Direktorin von GM Freeze, Liz O'Neill. Der Eingriff schädige das Weizengenom weit mehr als nur bei der Asparagin-Produktion. Die genetischen Mutationen seien nicht stabil, wirkten sich aber bereits negativ auf die Keimung aus und veränderten die Samengröße, warnte O‘Neill. Wie berichtet hatten Wissenschaftlerinnen von GM Freeze im Vorfeld bereits in einer ausführlichen Stellungnahme die Gefahren des Versuchs aufgelistet. So warnten sie unter anderem davor, dass die Pflanzen sich bei einem Versuchsanbau auf offenem Feld unkontrolliert ausbreiten könnten.
Die Forscher des RRI halten eine Auskreuzung des Gentech-Weizens für relativ unwahrscheinlich, da Weizen eine selbstbestäubende Kulturpflanze sei. Trotzdem verlangt das britische Agrarministerium, dass eine drei Meter breite Pollenbarriere um das Versuchsfeld herum angepflanzt wird. Andere Weizenfelder müssen einen Mindestabstand von 20 Metern haben. Der Feldversuch wird von staatlichen Inspektoren kontrolliert. Unbefugte müssen vom Gelände ferngehalten werden. [vef]