Ab morgen ist es soweit: Landwirte dürfen den Unkrautvernichter Glyphosat nur noch in Grenzen versprühen, Privathaushalte bundesweit gar nicht mehr. Das sieht die geänderte Pflanzenschutzanwendungs-Verordnung vor, die heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Sie ist Teil eines Gesetzespakets zum Natur- und Insektenschutz, das Bundestag und Bundesrat nach langem Ringen in der großen Koalition Ende Juni verabschiedet hatten.
Komplett und bundesweit verboten ist das Totalherbizid demnach in Haus- und Kleingärten sowie auf Flächen, die für die Allgemeinheit zugänglich sind wie Spielplätze oder Parkanlagen. Das galt schon bisher in einigen Bundesländern. In manchen wie etwa in Niedersachsen gibt es auch bereits freiwillige Vereinbarungen zwischen Landwirten und Naturschützern, um den Pestizideinsatz zu reduzieren, die über die Verordnung hinausgehen. Daher hatte der Bundesrat seine Zustimmung unter die Bedingung gestellt, dass weitergehende Regelungen auch unter der neuen Verordnung fortbestehen oder neu vereinbart werden können.
Kein Glyphosat darf künftig in Wasser- und Heilquellenschutzgebieten sowie Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten versprüht werden. Für Naturschutzgebiete, Nationalparks und gesetzlich geschützte Biotope war es bisher schon verboten. In bestimmten Fällen können die Behörden aber Ausnahmegenehmigungen erteilen, etwa für die Deutsche Bahn. Die hat sich inzwischen jedoch selbst vorgenommen, ihre Schienen ab 2023 ohne das Pflanzengift von Bewuchs freizuhalten. Und schon 2020 hatte sie ihren gesamten Herbidizeinsatz nach eigenen Angaben von früher mittleren zweistelligen Werten auf 1,3 Tonnen reduziert.
In der Landwirtschaft darf Glyphosat nur noch gespritzt werden, wenn vorbeugende Maßnahmen, wie die Wahl einer geeigneten Fruchtfolge, eines geeigneten Aussaatzeitpunktes, mechanischer Maßnahmen im Bestand oder das Anlegen einer Pflugfurche, nicht durchgeführt werden können und andere technische Maßnahmen nicht geeignet oder zumutbar sind. Zur Vorsaat- und Stoppelbehandlung ist Glyphosat nur noch erlaubt, um ausdauernde Unkräuter wie Ackerkratzdistel, Ampfer oder Quecke zu bekämpfen. Ein Einsatz kurz vor der Ernte zur Sikkation und Unkrautbekämpfung ist verboten. Auf Grünland darf das Gift partiell gegen Unkräuter eingesetzt werden, die für Weidetiere giftig sind. Zu Gewässern muss ein Abstand von fünf bis zehn Metern eingehalten werden.
Bereits im Juni wies der Bundesrat darauf hin, dass diese Regeln nicht ausreichen werden, um den Pestizidverbrauch - wie von der Europäischen Union beschlossen – bis 2030 zu halbieren. Er bat die Bundesregierung, in enger Abstimmung mit den Ländern weitere Vorschläge zum Schutz und zur Stärkung der Artenvielfalt zu erarbeiten. Glyphosat soll nach der Verordnung ab 1. Januar 2024 komplett verboten sein. Wenn nicht die Europäische Kommission die Zulassung für den Unkrautvernichter Ende kommenden Jahres verlängert. Denn dann, so heißt es in der Begründung, könnte eine Überprüfung der Verordnung erforderlich sein. [vef]