Das indische Handelsministerium will den Fall des gentechnisch verunreinigten indischen Reises, der im Sommer weltweit zum Rückruf von Schokolinsen und Backwaren geführt hatte, gründlich untersuchen. Das berichtet das indische Nachrichtenportal „The Hindu“. Dabei beruft es sich auch auf den Infodienst Gentechnik, der im August als erster berichtet hatte, dass die 500 Tonnen verunreinigten Bruchreises aus Indien stammten.
Während das Handelsministerium jetzt betont, dass in Indien gv-Reis nicht kommerziell angebaut werden dürfe, verweisen indische Bauern und Umweltaktivisten darauf, dass es in der Vergangenheit Feldversuche mit verschiedenen gv-Reissorten gegeben habe, die zu den Verunreinigungen geführt haben könnten. Bauernverbände und Handelsministerium fürchten laut „The Hindu“ nun um den Ruf des indischen Reises als sichere Exportware. Die Regierung wittere gar eine „Verschwörung, um das Image Indiens … zu verleumden“, schreibt das Portal. Ein Sprecher des Handelsministeriums wird mit der Vermutung zitiert, die gentechnisch veränderten Bestandteile könnte in Europa hinzugefügt worden sein, um Kosten zu sparen. Seiner Meinung nach könnten die kontrollierten Feldversuche früherer Jahre nicht eine so große Menge Reis verunreinigen.
Dennoch kündigte er an, das Problem wissenschaftlich untersuchen zu lassen und „strengste Maßnahmen“ zu ergreifen. Zuvor hatte die „Koalition für ein gentechnikfreies Indien“ nach Medienberichten in einem besorgten Brief an das Handels-, das Agrar- und das Umweltministerium darauf hingewiesen, dass gentechnische Kontaminationen noch lange nach den Feldversuchen auftreten können. Sie erinnerte daran, dass gentechnisch verunreinigter Reis in den USA im Jahr 2006 zu Exporteinbrüchen geführt hatte. Daher forderte sie, solche Feldversuche zu verbieten, die Entwickler gentechnischer Pflanzen für illegale Kontaminationen haften zu lassen und die Ursachen für die aktuelle Verunreinigung des Bruchreises zu finden.
Ein Reisbauer aus der Koalition kritisierte ferner, dass Hunderte indischer Bauern trotz staatlichen Verbots gentechnisch veränderte Bt-Baumwolle und Bt-Auberginen anbauten. "Wenn keine Maßnahmen gegen solch dreiste Verstöße ergriffen werden, entsteht das Bild eines Landes, das es mit der Gesundheit oder seiner Lebensmittelversorgungskette nicht ernst meint und das ist nicht gut für den Export", sagte Rajesh Krishnan. „Am Ende des Tages sind es indische Bauern und Exporteure, die viel zu verlieren haben." Laut Hindu exportiert Indien jedes Jahr 18 Millionen Tonnen Reis in 75 Länder weltweit, am meisten in die Niederlande.
Das britische Portal GMWatch, das die Erstmeldung des Infodienst Gentechnik aufgegriffen hatte, verwies später auf den Bericht eines indischen Wissenschaftlers an der Universität von Arkansas aus dem Jahr 2015 zu Akzeptanz und Verwendung von gentechnisch verändertem Reis in Indien. Der Agrarökonom Ranjitsinh Mane führte darin aus, dass es von 1997 bis 2008 etwa 79 Importe von transgenem Forschungsmaterial in Indien gab. Firmen wie Monsanto, Bayer, Mahyco und Syngenta seien die wichtigsten Importeure gewesen. Was speziell den Reis angeht, haben laut Bericht 13 private und sieben öffentliche Institutionen transgenes Material importiert. So habe die indische GVO-Regulierungsbehörde GEAC etwa dem Agrarchemiekonzern Bayer im April 2012 erlaubt, "Selektionsversuche für verschiedene Reisereignisse in drei verschiedenen Agroklimazonen" durchzuführen. Auch Monsanto, BASF und andere Unternehmen und Institute führten Versuche durch. Der Bericht listet zahlreiche Standorte in ganz Indien auf.
Getestet wurden laut Bericht vor allem insektenvernichtende und herbizidtolerante Reissorten sowie solche, die bessere Erträge bringen oder Eisen enthalten sollen. Der Autor hält es für möglich, dass transgenes Material aus solchen Versuchen unerlaubt vermehrt oder gestohlen wurde. GMWatch rät daher, im Referenzmaterial der damals getesteten Reislinien nach Übereinstimmungen mit der aktuellen Verunreinigung zu suchen. Würde die indische Regierung kooperieren, könnten die verantwortlichen Unternehmen oder Institute zur Rechenschaft gezogen werden. Wie der Infodienst berichtete, waren im Sommer 500 Tonnen gentechnisch verunreinigter indischer Bruchreis zu Mehl vermahlen und unter anderem in Schokolinsen (M&M‘s) der Firma Mars verarbeitet worden. Von welchem Reisevent die gentechnische Verunreinigung stammte, konnte bisher nicht festgestellt werden. [vef]