Eine neue Studie internationaler Molekularbiologen schürt Zweifel an Darwins Evolutionstheorie. Sie zeigt, dass das Erbgut von Pflanzen nicht zufällig und an jeder Stelle gleichermaßen mutiert. Manche Bereiche schützt die Natur vor ungewollten Änderungen. Mit neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas lassen sich aber auch dort gezielt Gene verändern. Sie wirken also anders als natürliche Mutation. Das Institut Testbiotech fordert daher, dass die Risiken solcher Crispr-Eingriffe genau untersucht werden müssen, bevor entsprechende Pflanzen zugelassen werden.
Befürworter einer Lockerung des Gentechnikrechts behaupten häufig, dass eine durch Crispr/Cas herbeigeführte Änderung im Erbgut auch durch eine zufällige Mutation entstehen könne, also auch nicht mehr Risiken berge als diese. Doch das haben Molekularbiologen unter Führung des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen und der Universität von Kalifornien jetzt in Frage gestellt. Sie bauten im Labor Acker-Schmalwand an, ein weitverbreitetes Wildkraut, das Genetiker gerne als Modellpflanze verwenden. Die Forscher suchten in den Pflanzen nach neu aufgetauchten Mutationen und erwarteten, dass diese zufällig über das ganze Erbgut verteilt wären. Denn die Darwinsche Evolutionstheorie geht davon aus, dass Mutationen rein zufällig entstehen und erst danach die natürliche Auslese bestimmt, ob veränderte Gene sich durchsetzen oder nicht.
Statt einer zufälligen Verteilung fanden die Forscher Abschnitte im Erbgut, in denen Mutationen selten waren, und andere, in denen Mutationen viel häufiger vorkamen. In den Regionen mit wenigen Mutationen kamen gehäuft Gene vor, die in jeder Zelle benötigt werden und somit für das Überleben jeder Pflanze wichtig sind. „Das sind die Regionen des Genoms, die am empfindlichsten auf die schädlichen Auswirkungen neuer Mutationen reagieren“, erklärte Detlef Weigel, wissenschaftlicher Direktor am Max-Planck-Institut für Biologie und Hauptautor der Studie. „Die DNA-Reparatur scheint daher in diesen Regionen besonders effektiv zu sein.“ So minimiere die Evolution das Risiko, dass die wichtigsten Gene geschädigt werden. Auch die Struktur der Chromosomen und der Ort, an dem sich die Gene befinden, beeinflusste bei den Versuchen, wie häufig ein Gen mutiert. „Die Ergebnisse, die jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurden, haben das Potenzial, unsere Sichtweise der Evolution drastisch zu verändern“, schrieb das Max-Planck-Institut.
Auch für die Diskussion über neue gentechnische Verfahren wie Crispr/Cas sind diese Erkenntnisse wichtig: Denn mit Crispr/Cas können auch Gene verändert werden, die durch natürliche Reparaturprozesse besonders gut geschützt sind. Das gentechnische Verfahren verhindere, „dass die Zellen das Erbgut wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen können“, schrieb das Institut Testbiotech. Auch weitere Schutzmechanismen könnten durch die sogenannte „Gen-Schere“ außer Kraft gesetzt werden. „So spielt es bei ihrem Einsatz kaum eine Rolle, an welcher Stelle im Erbgut Gene, die verändert werden sollen, lokalisiert sind“, erklärte Testbiotech. Mit Crispr/Cas lassen sich also tiefgreifende genetische Veränderungen herbeiführen, die von Natur aus nur selten möglich wären. Derart veränderte Pflanzen „können sich deutlich von den Pflanzen unterscheiden, die aus konventioneller Züchtung stammen“, argumentierte Testbiotech und folgerte daraus: „Ihre Risiken müssen deshalb eingehend geprüft werden.“ [lf]