Eine eidgenössische Ethikkommission für Biotechnologie (EKAH) hält neue gentechnische Verfahren für wenig geeignet, zeitnah für eine Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel zu sorgen. Darauf zu setzen hieße, eine Wette auf die Zukunft einzugehen, schreibt die Kommission in einem Bericht, der gestern vorgestellt wurde. Weil die Anpassung sehr dringlich sei, um die Lebensmittelversorgung zu sichern, sei ein solches Vorgehen ethisch nicht zu rechtfertigen.
Unter dem Titel „Klimawandel, Landwirtschaft und die Rolle der Biotechnologie“ schätzen zwölf verwaltungsexterne Expert:innen aus Philosophie, Theologie, Biologie, Medizin und Recht, die von der Schweizer Regierung gewählt wurden, die ethischen Herausforderungen der aktuellen Agrarpolitik ein. Dazu gehört in ihren Augen auch, die Ernährungssicherheit, die durch den Klimawandel global gefährdet ist, nachhaltig zu gewährleisten. „Das heisst, alle Menschen müssen Zugang zu genügend Nahrung haben“, schreiben sie in ihrer Medienmitteilung. Da sich das Klima sehr rasch verändere, müssten die effizientesten und effektivsten Maßnahmen ergriffen werden, um weiterhin genügend Lebensmittel produzieren zu können.
„Die klare Mehrheit der EKAH findet es eher unwahrscheinlich, dass die neuen gentechnischen Verfahren (NGT) in der knappen Zeit, die zur Verfügung steht, einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung oder Steigerung der Ernteerträge leisten können“, so die Mitteilung weiter. Die Minderheit der EKAH vertraue auf den technischen Fortschritt. Einig seien sich die Expert:innen, dass NGT allenfalls ein Baustein unter vielen sein könne, um auf den Klimawandel zu reagieren. So müssten die Agrarbetriebe außerdem mehr als die geplanten 40 Prozent Treibhausgasemissionen einsparen. „Gleichzeitig muss die Anzahl Nutztiere erheblich verkleinert und mehr pflanzliche Nahrung für die Menschen angebaut werden.“
Für den Verein „Sorten für morgen“, der Landwirtschaftsverbände und Lebensmittelketten vertritt, sind für diese Fragen andere Kommissionen zuständig. Stattdessen hätte man sich von der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich eine Einschätzung gewünscht, ob die Anwendung der NGT ethisch vertretbar ist oder nicht. Denn genau das sei der gesetzliche Auftrag an diese Kommission. Der Verein fordert die Schweizer Regierung auf, bis 2024 einen praktikablen Regulierungsvorschlag für NGT vorzulegen. Wie berichtet hatte das Schweizer Parlament sie damit im März beauftragt, als es das Moratorium zum Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Schweiz bis 2025 verlängert hatte. [vef]