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EU-Kommission lässt ersten Crispr-Mais zu

Die EU-Kommission hat im Juli zum ersten Mal einen Mais für den Import als Lebens- und Futtermittel zugelassen, bei dem das neue gentechnische Verfahren Crispr/Cas zum Einsatz kam. Vorausgegangen war eine Risikobewertung durch die EU-Lebensmittelbehörde EFSA, die dem Mais einen Persilschein ausstellte, obwohl er ein völlig neues Insektizid herstellt. Kritik daran kam nicht nur von der Organisation Testbiotech, sondern auch von Behörden einiger Mitgliedstaaten.

Bei dem Crispr-Mais handelt es sich um die Linie DP915635 des Agrarkonzerns Corteva. Die Pflanzen produzieren ein Insektengift gegen den Maiswurzelbohrer und sind resistent gegen das in der EU wegen seiner Giftigkeit verbotene Herbizid Glufosinat. Die Gentechniker:innen von Corteva nutzten das Verfahren Crispr/Cas, um transgenes Erbgut eines tropischen Baumfarns namens Ophioglossum pendulum in den Mais zu schleusen. Es soll dort ein insektengiftiges Protein mit der Bezeichnung IPD079Ea produzieren und damit die Larven des Maiswurzelbohrers, einer Käferart, abtöten.

Der Grund für diese Neuentwicklung: Bisher wurden in Nord- und Südamerika vor allem gentechnisch veränderte (gv) Maispflanzen angebaut, die mit dem eingeschleusten Erbgut eines Bodenbakteriums Insektengifte (Bt-Toxine) produzierten und gegen das Herbizid Glyphosat resistent waren. Doch die Larven des Maiswurzelbohrers wurden zunehmend resistent gegen die verschiedene Bt-Toxine und das Unkraut auf dem Acker resistent gegen Glyphosat. Nun sollen es also das giftige Glufosinat und ein neues Insektengift richten, das (anders als die Bt-Toxine) bisher nie in der Landwirtschaft eingesetzt wurde. Dennoch hatten die Gentechnik-Expert:innen der EU-Lebensmittelbehörde EFSA, das GMO-Panel, im Januar 2024 in einem Gutachten den Gentech-Mais DP915635 als sicher bewertet und damit die Basis für dessen Zulassung geschaffen.

„Die Einführung dieser Proteine in der Landwirtschaft und in der Nahrungskette als Insektizide würde zunächst eine umfassende Bewertung im Rahmen der Pestizidverordnung erfordern“, schrieb die Organisation Testbiotech im Februar dieses Jahres in einer Analyse des EFSA-Gutachtens. Sie kam darin zu dem Schluss, dass die vom Hersteller vorgelegten Unterlagen gesetzliche Anforderungen des Genehmigungsverfahrens nicht erfüllten und die toxikologische und ökologische Bewertung der EFSA nicht akzeptabel sei. So seien die Tierversuche zur Giftigkeit und zu den Auswirkungen auf andere Insekten mit dem reinen, von Mikroorganismen hergestellten IPD079Ea-Protein durchgeführt worden. Um realistische Ergebnisse zu bekommen, müsse jedoch die Pflanze selbst inklusive möglicher Glufosinatrückstände verfüttert werden, argumentierte Testbiotech. Auch seien keinerlei Daten vorgelegt worden, ob sich IPD079Ea in der Nahrungskette oder der Umwelt, etwa im Boden, anreichern könne.

Massive Kritik an dem EFSA-Gutachten kam nicht nur von Testbiotech, sondern auch von einzelnen Behörden der Mitgliedstaaten, die vom GMO-Panel vor der Fertigstellung eines Gutachtens routinemäßig gehört werden. Im Rahmen dieser Konsultation schrieb etwa das deutsche Bundesamt für Naturschutz (BfN), die Informationen und Daten zur Toxikologie seien unzureichend und Schlussfolgerungen über die Lebens- und Futtermittelsicherheit von DP915635-Mais auf Basis dieser Informationen seien verfrüht. Die Behörde erwähnt auch die Risiken, die von DP915635-Maiskörnern ausgehen können, die beim Transport oder der Verarbeitung verlorengehen und auskeimen. Besonders groß sei dieses Risiko in Spanien und Frankreich, wo mit der Teosinte eine Urform des Maises wächst, die mit dem Crispr-Mais kreuzungsfähig ist, also sein Erbgut aufnehmen kann.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) merkte an, dass von Corteva nicht beschrieben werde, wie das IPD079Ea-Protein auf molekularer Ebene überhaupt funktioniere, also seine Wirkung erziele. Eine deutsche Bundesbehörde habe die Aminosäuresequenz des IPD079Ea-Proteins analysiert und dabei Ähnlichkeiten mit andern Proteinen festgestellt, die Zellmembranen durchlässig machen und auch von manchen krankmachenden Bakterien verwendet würden. Die sich daraus ergebenden Risiken sollten diskutiert werden, forderte das BVL und kam zu dem Schluss, dass die toxikologischen Risiken des neuen Proteins IPD079Ea aufgrund fehlender Informationen nicht abschließend bewertet werden könnten. Die französische Lebensmittelbehörde Anses schrieb, sie sei aufgrund von Datenlücken nicht in der Lage, die Sicherheit von DP915635-Mais zu bewerten. Auch Behörden aus Ungarn und Österreich gaben kritische Stellungnahmen ab. Die Antworten der EFSA darauf lassen sich so zusammenfassen: Vielen Dank für Ihre Hinweise, wir haben uns alle Unterlagen angesehen und bleiben bei unserer Position. Testbiotech schrieb dazu, EFSA habe sich „zu einer Art Dienstleister für bestimmte Vermarktungsinteressen entwickelt“ und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gelte „als eine Befürworterin des Einsatzes von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Landwirtschaft“.

Der EU-Kommisison waren sowohl die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten (als Teil des EFSA-Gutachtens veröffentlicht) als auch die von Testbiotech bekannt. Die Organisation hatte sie im Rahmen der öffentlichen Konsultation eingereicht, die auf die Veröffentlichung solcher EFSA-Gutachten folgt. Dennoch hat die EU-Kommission dem Mais DP915635 die Importzulassung erteilt. In den Erwägungsgründen schreibt sie über das EFSA-Gutachten: „In ihrer Stellungnahme berücksichtigte die Behörde alle Fragen und Bedenken der Mitgliedstaaten“. Tatsächlich hat die EFSA die Bedenken lediglich zur Kenntnis genommen oder gleich abgewiegelt.

Das gilt übrigens auch für den nächsten Crispr-Mais, der auf die Importzulassung wartet. Am 1. August veröffentlichte die EFSA ihr Gutachten zur Maislinie DP910521 von Corteva. Auch hier gab es Bedenken von Mitgliedstaaten, auch hier erklärte EFSA den Crispr-Mais für sicher, so dass die Zulassung nicht lange auf sich warten lassen wird. [lf]

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