In der finalen Fassung des Koalitionsvertrags von Union und SPD spielt ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen keine Rolle mehr. Auf Druck der CDU war eine entsprechende Passage am Dienstag gestrichen worden. CSU und SPD konnten sich mit ihrer Forderung nicht durchsetzen.
In der Version von Mittwochmorgen, die gegen Mittag unterzeichnet werden soll, heißt es: „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an.“ Das Bekenntnis, den Anbau und die Freisetzung von transgenen Pflanzen in Deutschland und Europa untersagen zu wollen, hat es aber nicht in die Schlussfassung geschafft. Hier konnte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel durchsetzen, die das Thema zuvor zur Chefsache erklärt hatte.
Ein Trost für Gentechnik-Gegner dürfte sein, dass sich die Koalitionäre für mehr Transparenz bei Lebensmitteln einsetzen wollen: „Wir treten für eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden, ein.“ Allerdings bleibt unklar, wann eine solche Neuerung kommen könnte – und ob Deutschland gegebenenfalls auch mit gutem Beispiel voran gehen würde.
Auch an anderen Stellen bleibt der Vertrag schwammig. So heißt es: „An der Nulltoleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest – ebenso wie an der Saatgutreinheit.“ Dass Nahrungsmittel keine Spuren - auch nicht in kleinsten Mengen - von Gentechnik-Pflanzen enthalten dürfen, die in der EU nicht genehmigt sind, ist für Verbraucherschützer sehr wichtig. Die Agrarindustrie drängt immer wieder, die bisherigen Bestimmungen zu verwässern. Bei Pflanzensamen ist der Begriff der „Saatgutreinheit“ nach Ansicht einiger Beobachter aber zu relativ, um auszuschließen, dass das Festhalten an 0,0 Prozent nicht-zugelassener Gentechnik hier nicht doch gefährdet sein könnte.
Bei der von fast allen Parteien, dem EU-Parlament und dem Bundestag abgelehnten Patentierung von Pflanzen und Tieren wollen sich Union und SPD für eine Klarstellung der Gesetzeslage einsetzen. „Das bestehende Patentierungsverbot auf konventionelle Züchtungsverfahren, daraus gewonnene Tiere und Pflanzen sowie auf deren Produkte und auf das zu ihrer Erzeugung bestimmte Material soll durchgesetzt und die einschlägigen europäischen Vorschriften präzisiert werden.“
Mit Blick auf das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA, das derzeit verhandelt wird, ist die Ächtung des Klonens von Bedeutung: „Wir treten auf europäischer Ebene für ein Verbot des Klonens von Tieren und des
Imports von geklonten Tieren und deren Fleisch ein“, schreiben die Koalitionäre. „Wir streben eine Kennzeichnungspflicht für Nachkommen von geklonten Tieren und deren Fleisch an.“ In den USA sind die Regeln für solche Produkte lasch. Die US-Agrarindustrie hofft, durch das Abkommen künftig Klonfleisch und Gentechnik-Organismen unkomplizierter nach Europa exportieren zu können. [dh]
+++UPDATE+++ Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, bezeichnete das Streichen des Gentechnik-Verbots als „traurige[n] Höhepunkt einer laschen Vereinbarung zur Landwirtschaft.“ CSU und SPD hätten dem Druck der CDU standhalten müssen.