In 5 Jahren CRISPR-Pflanzen von Dupont?

Der Agrarkonzern Dupont will nach eigenen Angaben in den kommenden fünf bis zehn Jahren „Produkte“, die mittels der relativ neuen CRISPR-Cas-Technologie entwickelt wurden, auf den Markt bringen. „Exklusive“ Patentrechte habe sich das US-Unternehmen bereits gesichert. Unklar bleibt vorerst, ob CRISPR und andere neue Techniken der Erbgutveränderung als „Gentechnik“ gelten – und damit bestimmte Sicherheitsvorschriften greifen. In der EU steht bis Ende des Jahres eine Entscheidung an.

Anfang Oktober ging Dupont – das über seine Tochterfirma Pioneer gentechnisch veränderten Mais auch in der EU vermarkten will – eine „strategische Allianz“ mit Caribou Biosciences ein. Die Firma ist auf die CRISPR-Cas-Technik spezialisiert. Mit ihr wird das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen verändert, indem natürliche Schutz- und Reparaturmechanismen der Zelle ausgenutzt werden. Durch die Partnerschaft erhält Dupont auch Zugriff auf weitere CRISPR-Patente. Zudem kaufte sich der Konzern bei Caribou ein.

Man sehe große Chancen für die Landwirtschaft und wolle in den nächsten fünf bis zehn Jahren erste Produkte auf den Markt bringen, erklärte Dupont-Vizepräsident James C. Borel. Auch die Konkurrenz, beispielsweise das führende Saatgut-Unternehmen Monsanto, arbeiten mit der CRISPR-Technologie. Im April erklärte ein Monsanto-Manager laut MIT Technology Review jedoch, man halte sich noch zurück – wegen unklarer Patentansprüche. Mehrere Forscher reklamieren die Methode für sich.

In die CRISPR-Technik und andere neue Verfahren des „Genome Editing“ werden große Hoffnungen gesetzt. Vieles scheint möglich: Krankheiten und Hunger bekämpfen, Ernten vermehren, das Einkommen von Landwirten erhöhen. Ähnliches wurde auch bei der „klassischen“ Agro-Gentechnik versprochen, aus Sicht vieler Wissenschaftler allerdings trotz immenser Investitionen nicht gehalten. Am liebsten wäre es vielen Anwendern daher wohl auch, wenn neue und alte Gentechnik nicht in einen Topf geworfen würden – so könnten sie auch gleich lästige Studien für die Risikobewertung, Kennzeichnungs- und Monitoringregeln umgehen.

In den USA, wo gentechnisch veränderte Organismen aus Regierungssicht ohnehin kein Problem sind, könnte das gelingen. Letzte Woche schrieb die Zeitschrift Technology Review der Heise-Gruppe: „Die Anbieter hoffen darauf, dass gen-editierte Pflanzen in den USA weitgehend von Regulierungsvorschriften ausgenommen werden. Das US-Landwirtschaftsministerium hat bereits mehrere Unternehmen darüber informiert, da ihre Pflanzen keine Gene von anderen Spezies enthalten.“

NEUE TECHNIKEN IN DER EU

In der EU heißt es Warten. Bis Ende des Jahres will Brüssel nach eigenen Angaben eine juristische Interpretation der neuen Genomtechniken abgeben. Die ist dafür entscheidend, welche Verfahren als „Gentechnik“ im Sinne der bisherigen Gesetze eingestuft werden und welche nicht – und damit, ob sie schnell und ohne Risikoprüfung vermarktet werden dürfen.

Dabei berücksichtigt die Kommission nach Angaben einer Sprecherin folgende Techniken: Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese, Zinkfingernuklease-Technik und andere Nuklease-Techniken, Cisgenese, Intragenese, Pfropfung mit Gentechnik-Material, Agroinfiltration, RNA-abhängige DNA-Methylierung und Reverse Züchtung.

CRISPR-Cas nannte die Sprecherin nicht explizit. Die Technik könnte zu den „anderen“ Nuklease-Techniken gezählt werden, bestätigt hat dies die Kommission bislang aber nicht. Nach Ansicht der österreichischen Umweltbundesamt GmbH fallen CRISPR-Cas-Nukleasen in dieselbe Kategorie wie Zinkfinger- (ZFN) und Transcription activator-like Nukleasen (TALEN).

GENTECHNIK ODER NICHT?

Diese Techniken hatte 2011 auch eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe im Auftrag Brüssels unter die Lupe genommen. Ihrer Meinung nach führen OgM und manche Formen der ZFN-Technik, Reverse Züchtung und RNA-abhängige DNA-Methylierung nicht zu einem gentechnisch veränderten Organismus im Sinne des Gesetzes. Vermutlich wird sich die EU-Kommission bei ihrer juristischen Einschätzung darauf stützen.

Auch deutsche Behörden wollen die neuen Genomtechniken nicht unbedingt als „Gentechnik“ einstufen. Bei einem Treffen der EU-Agrarminister in Straßburg warnte Christian Schmidt (CSU), Innovationen dürften nicht blockiert werden. Einen mittels OgM entwickelten Raps hatte Deutschland schon als Nicht-Gentechnik durchgewunken, was allerdings bei der EU auf formalen Widerspruch stieß – für solche Einstufungen sei die Kommission zuständig.

Die Aussaat des von der US-Firma Cibus hergestellten Raps wurde außerdem durch eine Klage von Firmen aus der Saatgut- und Pflanzenölbranche sowie des BUND vorerst verhindert. Der Raps ist, und da ähnelt er den meisten „klassischen“ Gentech-Pflanzen, resistent gegen ein chemisches Unkrautvernichtungsmittel.

Aus Sicht von NGOs aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz müssen die neuen Techniken durchaus als Gentechnik eingestuft werden. Sie stützen sich unter anderem auf ein Rechtsgutachten des ehemaligen Richters und Mitarbeiters der EU-Kommission Ludwig Krämer. Er sieht bei CRISPR & Co die Bedingungen des EU-Gentechnik-Rechts erfüllt, weil im Labor fremdes Erbgut in einen Organismus eingeführt werde oder – so wie es auch in der EU-Richtlinie steht - „neue Kombinationen von genetischem Material gebildet werden und diese in einen Wirtsorganismus eingebracht wurden, in dem sie unter natürlichen Bedingungen nicht vorkommen, aber vermehrungsfähig sind.“ [dh]

+++ Korrektur +++ Die Klage gegen den OgM-Raps wurde von zwei Firmen aus der Pflanzenöl- und Saatgutbranche und dem BUND eingereicht.

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