Mehrere gentechnisch veränderte Pflanzen könnten bald eine Importgenehmigung für die EU erhalten. Sie stammen von Monsanto und Bayer – alle sind resistent gegen den Herbizidwirkstoff Glyphosat, drei noch gegen andere Spritzmittel. Dutzende solcher Gentech-Pflanzen dürfen in Europa bereits verarbeitet werden: fast alle landen in den Futtertrögen der Fleisch- und Milchindustrie.
Morgen tagt der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel in Brüssel (+++UPDATE 25.11.15+++: Beobachtern zufolge gab es keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Zulassung; es kommt zu einer zweiten Abstimmung im Berufungsausschuss). Das Gremium, in dem alle Mitgliedstaaten der EU vertreten sind, entscheidet über Zulassungsanträge von Gentech-Firmen. Auf der Tagesordnung stehen drei transgene Soja-Varianten:
+++ Soja FG72 (Bayer Cropscience): resistent gegen Herbizide (Glyphosat und Isoxaflutole)
+++ Soja MON87705 x MON89788 (Monsanto): resistent gegen Herbizid (Glyphosat); mehr ungesättigte Fettsäuren
+++ Soja MON87708 x MON89788 (Monsanto): resistent gegen Herbizide (Glyphosat, Dicamba)
Werden die Gentechnik-Sojapflanzen als Lebens- und Futtermittel zugelassen, könnten große Mengen aus den Anbauländern – beispielsweise USA, Brasilien, Argentinien – nach Europa verschifft werden. Das Schrot der Bohnen landet hier in der Massentierhaltung.
Gentechnik-kritische Organisationen warnen, dass die Rückstände der chemischen Spritzmittel an der Soja haften könnten. Dazu gäbe es aber bislang kaum Daten, wie auch die EU-Lebensmittelbehörde einräume – die EFSA hat letzte Woche mitgeteilt, dass sie den meistverwendeten Herbizidwirkstoff Glyphosat für unbedenklich hält. „Die Behörde kommt zwar zu der Schlussfolgerung, dass der Wirkstoff Glyphosat keine krebserzeugende Wirkung hat. Diese Beurteilung gilt aber ausdrücklich nicht für den Einsatz von Glyphosat bei gentechnisch veränderten Pflanzen und auch nicht für handelsübliche Mischungen wie Roundup, die verschiedene Zusatzstoffe enthalten“, geben der Verein Testbiotech aus München und die britische Organisation GeneWatch UK zu bedenken.
Dazu kommt: in der industrialisierten Landwirtschaft Nord- und Südamerikas würden auf den Gentechnik-Plantagen sogar Glyphosat-Giftmischungen versprüht, die in der EU nicht erlaubt seien. Und nicht nur Glyphosat macht den NGOs Sorge: „Die Rückstände von Isoxaflutolen sind als wahrscheinlich krebserregend klassifiziert“, erklärt Testbiotech-Geschäftsführer Christoph Then mit Blick auf die Bayer-Sojabohnen. „In Kombination mit Glyphosat können diese Rückstände noch wesentlich giftiger sein, als es die Bewertung der einzelnen Stoffe erwarten lässt. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat die Wechselwirkungen der Rückstände dieser Unkrautvernichtungsmittel aber nicht überprüft.“
ERSTE ABSTIMMUNG ÜBER MONSANTO-MAIS
Bereits im Oktober hat der Gentechnik-Ausschuss der EU über eine Maispflanze des Monsanto-Konzerns abgestimmt. Es ging um NK603 x T25, der sowohl gegen Glyphosat als auch gegen das in der EU mittlerweile nur noch eingeschränkt erlaubte Glufosinat resistent ist. Zwar gab es kein klares Ja oder Nein, einige Mitgliedstaaten gaben jedoch zu Protokoll, dass die Risiken aus ihrer Sicht nicht gut genug geprüft worden seien.
Selbst das gentechnik-freundliche Schweden, das letztlich auch für die Zulassung votierte, erklärte: Glufosinat habe „sehr gefährliche Eigenschaften“, weshalb es nicht eingesetzt werden dürfe. Falls gentechnisch veränderte Pflanzen in Schweden angebaut würden, dürfe das keine negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben, höherer Pestizideinsatz müsse „soweit wie möglich“ vermieden werden.
Da die erste Abstimmung über den Monsanto-Mais in einem Patt endete, wird es eine zweite Runde in einem Berufungsausschuss geben. Gibt es auch dort nicht die nötige qualifizierte Mehrheit – was fast nie vorkommt – hat die EU-Kommission das letzte Wort. Voraussichtlich wird sie den Import der Gentechnik-Pflanzen dann genehmigen. [dh]