Die Bayer AG hat der Europäischen Kommission vergangenen Freitag „umfangreiche Zusagen“ unterbreitet, damit sie dem Erwerb des amerikanischen Saatgutriesen Monsanto zustimmt. „Wir sind zuversichtlich, damit die Bedenken der Europäischen Kommission vollständig ausräumen zu können“, schrieb ein Bayer-Sprecher dem Infodienst Gentechnik. Die Kommission hat ihre Entscheidung, ob sie die Übernahme wettbewerbsrechtlich genehmigt, unterdessen auf 5. April verschoben.
Anfang Januar hatte die New York Post berichtet, der Pharma- und Chemiekonzern Bayer mit Sitz in Leverkusen habe begonnen, US-amerikanische Unternehmensteile zu veräußern. So werde ein Hersteller von Saatgut für Gemüse sowie ein Agrar-Softwarespezialist zum Kauf angeboten. Schon im Oktober 2017 hatte Bayer mit BASF vereinbart, große Teile des Geschäfts mit Feldfrucht-Saatgut wie Raps, Soja und Baumwolle an den Konkurrenten abzugeben.
Zu diesem Paket gehört auch die LibertyLink-Technologie, mit der Pflanzen gegen das Herbizid Glufosinat resistent gemacht werden können, sowie das passenden Spritzmittel Liberty. Der Kaufpreis dafür beträgt – inklusive der dazugehörigen Forschungseinrichtungen - 5,9 Milliarden Euro. Der Jahresumsatz dieses Geschäfts lag nach Angaben Bayers 2016 bei 1,3 Milliarden Euro. Im Vertrag mit Monsanto wurde laut Handelsblatt vereinbart, im Zuge der Übernahme Geschäftsbereiche mit einem Umsatz von bis zu 1,6 Milliarden Euro zu veräußern.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verlangt diese Verkäufe, um sicherzustellen, dass es auf den Märkten von Saatgut und Spritzmitteln weiter Wettbewerb geben wird, auch wenn die Bayer AG nach der Übernahme von Monsanto der weltgrößte Anbieter sein wird. Vestagers Ziel ist, dass Landwirte beim Kauf von Saatgut und Unkrautvernichtern die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern behalten und die Preise bezahlbar bleiben. Deshalb muss Bayer etwa die Sparte Liberty abgeben, wenn es mit Monsanto das Geschäft mit dem weltweit meistverbreiteten, glyphosathaltigen Unkrautvernichter RoundUp nebst passendem Saatgut erwerben will. Ob sich dieser Erwerb angesichts von Klagewellen und RoundUp-resistenten Unkräutern am Ende wirklich auszahlt, wird sich erst noch zeigen müssen.
Aber es gibt noch einen Bereich, der Bayer Geld in die Kassen schwemmen könnte: Systeme zur Digitalisierung der Landwirtschaft. Monsanto hat schon fortschrittliche Apps entwickelt, die steuern, wann, wo und in welcher Menge Wasser und Pestizide auf die Felder gebracht werden. Doch auch damit ließe sich eine Monopolstellung zementieren. Dann nämlich, wenn die Apps nur mit den konzerneigenen Produkten funktionieren. Viel Arbeit für die Wettbewerbshüter, die zum Entsetzen von Bayer-Chef Werner Baumann bereits vier Millionen Seiten Unterlagen zum Prüfen angefordert haben.
Von weltweit etwa 30 Behörden, welche die Übernahme genehmigen müssen, hat das nach Angaben des Bayer-Sprechers erst die Hälfte getan. Die wichtigen Kartellwächter in Europa, den USA und Brasilien prüfen noch. In den USA soll es nach Informationen der New York Post schon positive Signale aus dem zuständigen Department of Justice geben. Die brasilianische Behörde hat die Frist laut Handelsblatt von ursprünglich 20. Dezember auf 20. März verlängert. Auch in Europa wurde die Prüffrist von Ende 2017 jetzt schon viermal verlängert.
Dem Kaufpreis hat die Verzögerung gut getan: Da Monsanto offenbar Schulden abgebaut hat, ist er laut Handelsblatt von 66 auf 63,5 Milliarden US-Dollar gesunken. Trotzdem birgt der Zeitfaktor auch ein Risiko: Gibt es bis Mitte Juni noch kein Signal der Behörden, könnte Monsanto nach dem Bericht aus dem Fusionsprojekt aussteigen. Und dann müsste Bayer laut Vertrag zwei Milliarden Ausfallprämie an die Amerikaner zahlen. [vef]