In San Francisco hat der nächste Jury-Prozess um das Krebsrisiko von Glyphosat begonnen. Insgesamt sind in den USA inzwischen 11.200 Glyphosat-Klagen gegen Bayer anhängig. Unterdessen wurde eine weitere Studie zur Sicherheit von Glyphosat angezweifelt.
Am Montag dieser Woche eröffnete Richter Vince Chhabria die Jury-Verhandlung im Fall Hardemann gegen Monsanto/Bayer. Der krebskranke Rentner Edwin Hardemann macht das von ihm jahrelang intensiv eingesetzte Pestizid Roundup für seinen Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. In den nächsten Wochen wird die Jury zahlreiche Experten anhören, jeweils an vier Tagen pro Woche rund sechs Stunden lang. Dabei wird zuerst die Frage auf der Tagesordnung stehen, ob Glyphosat Hardemanns Krebs verursacht hat. Erst danach wird Hardemanns Vorwurf verhandelt, dass die Bayer-Tochter Monsanto die Krebsgefahr wissentlich verschwiegen habe. Agenturmeldungen zufolge geht das Gericht davon aus, dass der Prozess vier bis fünf Wochen dauern wird. Bei diesem Prozess handelt es sich um einen Bellwether Trial genannten Musterfall in einem Sammelklageverfahren, dessen Ausgang richtungsweisend für viele weitere Klagen sein wird.
Davon gibt es immer mehr. Bei der Vorstellung des Geschäftsberichts für 2018 teilte Bayer mit, dass bis zum 28. Januar Klagen von rund 11.200 Klägern zugestellt worden seien. Zudem liege auch eine kanadische Klage vor, in der die Zulassung einer Sammelklage in Kanada beantragt werde. Dazu Bayer-Chef Werner Baumann: „Wir haben die wissenschaftlichen Fakten auf unserer Seite und werden dieses wichtige und sichere Herbizid für eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft weiter entschieden verteidigen.“
Zu den rechtlichen Risiken erklärte der Konzern, man sei in jeweils industrieüblichem Umfang gegen gesetzliche Produkthaftungsansprüche versichert und habe auf Grundlage der derzeit vorliegenden Informationen angemessene bilanzielle Vorsorgemaßnahmen für erwartete Verteidigungskosten getroffen. Der Bilanz für 2018 lässt sich entnehmen, dass Bayer seine Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten um gut eine Milliarde Euro auf 1,41 Milliarden Euro erhöht hat. Offen bleibt allerdings, auf welche Produkte diese Erhöhung zurückgeht. Neben den Glyphosat-Verfahren sind auch mehrere zehntausend Klagen gegen verschiedene Arzneimittel des Konzerns anhängig.
Währenddessen ist eine weitere Studie, bei der Ratten mit glyphosathaltigem Getreide gefüttert wurden, in die Kritik geraten. Im Rahmen des EU-Projektes G-TwYST hatten niederländische Wissenschaftler Ratten über zwei Jahre hinweg mit gentechnisch verändertem Mais der Linie NK603 gefüttert. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es gegenüber der Fütterung mit herkömmlichem Mais keine negativen Effekte gegeben habe, und zwar egal, ob die Tiere neben NK603-Mais auch etwas Glyphosat mit dem Futter erhielten oder nicht. Das gentechnikkritische Portal GMWatch wies darauf hin, dass die Studie im Detail andere Ergebnisse geliefert habe, die von den Autoren nicht kommuniziert worden seien. Demnach seien von den männlichen Ratten, die mit NK603 und Glyphosat gefüttert wurden, signifikant mehr Tiere verstorben als in der Gruppe ohne Glyphosat im Futter. Die französische Lebensmittelbehörde ANSES hat den Studienstreit inzwischen satt. Sie kündigte an, eine „unabhängige Studie“ über die tatsächlichen Gesundheitsauswirkungen des Unkrautmittels Glyphosat erstellen zu lassen. [lf]