Frankreich, Österreich, Deutschland: In allen drei Ländern hatten die Regierungen versprochen, den Einsatz von Glyphosat zu verbieten oder zumindest stark zu verringern. Passiert ist allerdings herzlich wenig. In der Schweiz dagegen hat sich die verkaufte Glyphosatmenge in den letzten fünf Jahren um 60 Prozent reduziert. Doch ganz aussteigen will die Regierung noch nicht.
Der Bundesrat – so heißt in der Schweiz die Bundesregierung – hat einen Bericht zum Stand des Glyphosatausstiegs vorgelegt. Als wesentlichen Grund für den bisherigen Rückgang nennt er ein Förderprogramm, das Landwirte unterstützt, die ganz auf Herbizide verzichten oder deren Einsatz stark verringern. Die Förderung soll den erhöhten Aufwand ausgleichen, der entsteht, wenn das Unkraut mit dem Traktor gehackt statt totgespritzt wird.
Für den Bericht haben Agrarexperten mit 20 repräsentativ ausgewählten Betrieben die Bereiche im Ackerbau identifiziert, in denen sich das noch verwendete Glyphosat rasch durch Maßnahmen ersetzen lässt, die wirtschaftlich und ökologisch verträglich sind. Schwer zu ersetzen sei es im pfluglosen Ackerbau auf erosionsgefährdeten Standorten. Hier müssten noch Alternativen erforscht und entwickelt werden, heißt es in dem Bericht. Der Bundesrat sieht seinen Pestizidaktionsplan und die darin vorgesehenen Maßnahmen bestätigt. Zu langsam voran geht es zahlreichen Verbänden, die deshalb die Volksinitiative „Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ gestartet haben. Sie sieht einen kompletten Pestizidausstieg innerhalb von zehn Jahren vor, über den in der ersten Hälfte 2021 abgestimmt werden soll.
Das österreichische Parlament, der Nationalrat, hatte im Sommer 2019 das erste nationale Glyphosatverbot in der EU beschlossen – und dabei vergessen, vorher den Entwurf des Gesetzes der EU zur Notifizierung vorzulegen. Der Nationalrat übermittelte daraufhin einen neuen Entwurf, den die EU-Kommission im August 2020 kommentierte. Sie hält das nationale Verbot für nicht vereinbar mit dem EU-Recht. Während die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und der Bauernverband dies als Untersagung werteten, argumentierten die Glyphosatgegner, dass es sich bei dem Schreiben der Kommission um eine kritische Bemerkung, nicht aber um eine rechtlich relevante Stellungnahme handle. Einwände gab es auch von der Tschechischen Republik. Nachdem die Stillhaltefrist im Notifizierungsverfahren Mitte November auslief, forderten Greenpeace Österreich und die Umweltorganisation Global 2000 Parlament und Regierung auf, das Verbot umzusetzen. Doch die regierende ÖVP weigert sich, aktiv zu werden und das ÖVP-geführte Landwirtschaftsminsiterium boykottierte sogar einen Runden Tisch des Umweltministeriums, das von den mitregierenden Grünen geleitet wird.
Auch in Deutschland blockieren sich die beiden Ministerien. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete, dass sich Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei Kanzleramtschef Helge Braun über „eigenmächtige Vorstöße des Umweltministeriums in Sachen Insektenschutz“ beschwert habe. Dabei geht es um einen Gesetzentwurf, den Umweltministerin Svenja Schulze gerne noch im Dezember durchs Kabinett gebracht hätte. Das Umweltministerium warf umgekeht Klöckner in einem internen Vermerk vor, sie verhindere „jedweden Fortschritt beim gesetzlichen Insektenschutz und bei der Beschränkung von schädlichen Pflanzenschutzmitteln". Laut SZ teilte das Landwirtschaftsministerium mit, das Glyphosat-Verbot werde gerade „erarbeitet“. Allerdings brauche es dann noch eine Folgenabschätzung. Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass es in dieser Legislaturperiode kein Gesetz mehr geben wird, das Insekten schützt und den Glyphosateinsatz einschränkt.
In Frankreich räumte Präsident Emmanuel Macron in einem Interview ein, es sei ihm nicht gelungen, Glyphosat zu verbieten. Er hatte im November 2017 angekündigt, das Herbizid spätestens in drei Jahren zu verbieten und sprach nun von einem „kollektiven“ Scheitern. Allerdings hat es die französische Genehmigungsbehörde Anses untersagt, Glyphosat in bestimmten Kulturen wie Wein- und Obstbau einzusetzen sowie die erlaubten Mengen reduziert.
Es gibt übrigens inzwischen ein erstes EU-Mitglied, das Glyphosat verboten hat. In Luxemburg wies die Regierung die Zulassungsbehörde an, allen glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmitteln die Marktzulassung zu entziehen. Restmengen dürfen noch bis Jahresende aufgebraucht werden. Viele Landwirte, die demonstrieren könnten, gibt es in dem Kleinstaat allerdings nicht. [lf]