Mit dem von einer Verbändeinitiative vergangenen Herbst vorgestellten PCR-Test für Rapslinien der US-amerikanischen Firma Cibus kann dieser genomeditierte Raps nicht gerichtsfest nachgewiesen werden. Die Methode könne damit derzeit nicht in der Lebensmittelüberwachung eingesetzt werden, berichtete das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vergangene Woche. Der Ansatz sei zwar gut, die Methode könne den Cibus-Raps aber nicht klar von anderen (Raps-)Pflanzen unterscheiden.
Würden sich also in einer Schiffsladung konventioneller Rapssaat die Samen bestimmter Wildrapslinien, von Gemüsekohl oder äthiopischem Senf verstecken, könnte der Test positiv ausfallen. Denn in diesen Pflanzen finde sich die gleiche Genveränderung wie bei den genomeditierten Cibus-Rapslinien, erläuterte das BVL in seinem Untersuchungsbericht. Selbst bei konventionell gezüchteten Rapslinien schlug der Test in den Versuchsreihen des BVL an. Da im Fall einer gentechnischen Verunreinigung die gesamte Rapsladung an den europäischen Grenzen abgewiesen oder gar vernichtet werden müsste, wäre ein solcher Irrtum fatal. Das Problem: Anders als bei der „klassischen“ Gentechnik wird bei den neuen Technologien keine Fremd-DNA mehr übertragen, die mit dem Testverfahren der sogenannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) in der gentechnisch veränderten Pflanze nachweisbar wären. Bei den sogenannten genomeditierten Pflanzen wurden lediglich die in der Pflanze vorhandenen Gene verändert, teils nur an einzelnen Basenpaaren.
Ähnliche Veränderungen können auch durch natürliche oder chemisch ausgelöste Mutation entstehen. So weist der BVL-Bericht darauf hin, dass die Anwendung von Herbiziden auf dem Acker, etwa beim resistenten Clearfield-Raps, einen Selektionsdruck mit sich bringe und auf diese Weise eine Punktmutation im AHAS-Gen entstehen könne wie beim Cibus-Raps. Wobei nach Angaben des BVL auch beim Cibus-Raps nicht die Gentechnik, also die eingesetzte oligonukleotidgesteuerte Mutagenese, das AHAS-Gen verändert habe, sondern ein chemischer Vorgang in der Petrischale. Die Verbände bezweifeln das, halten die Rapslinien aber selbst dann für Gentech-Pflanzen.
Das Fazit der BVL-Untersuchung: Zwar könnte der vom amerikanischen Laborexperten John Fagan entwickelte PCR-Test grundsätzlich geeignet sein, eine winzige Mutation im Genom nachzuweisen. Die Sensitivität der Methode genüge den Anforderungen, welche das Netzwerk europäischer Labore für solche Tests festgelegt habe. Sie sei aber weder ausreichend spezifisch noch robust genug. Hier sei weitere Forschung nötig, heißt es im Bericht des BVL. Denkbar sei etwa, dass mehrere winzige Mutationen einzelner Basenpaare bei genomeditierten Pflanzen ein spezifisches Muster ergeben könnten, anhand dessen sich die Pflanzen eines Tages rechtssicher identifizieren ließen. Zuständig für die Entwicklung solcher Verfahren ist nach Europarecht das europäische Referenzlabor für Gentechnik. Ließe sich so ein spezifischerer Nachweis entwickeln, könnte er perspektivisch für ein Screening verwendet und durch weitere Identifikationsmethoden ergänzt werden.
„Wir freuen uns, dass sich das BVL so intensiv mit dem Cibus-Test beschäftigt“, kommentierte Alexander Hissting vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) den Bericht. „Sollte noch Weiterentwicklungsbedarf bestehen, müssen sich die Behörden zügig darum bemühen.“ Der VLOG ist einer von neun internationalen, gentechnikkritischen Verbänden, in deren Auftrag das amerikanische Health Research Institute das Nachweisverfahren für Cibus-Raps 2020 entwickelte. Auch das BVL selbst forscht seit längerem an validen, rechtssicheren Nachweisverfahren für genomeditierte Pflanzen – bislang ohne Erfolg. Deshalb hat das Europäische Netzwerk staatlicher Gentechnik-Labore bereits 2020 eingestanden, dass die europäischen Behörden das Importverbot für genomeditierte Pflanzen derzeit nicht durchsetzen können. [vef]