Belgische Forscher dürfen vier Jahre lang Pappeln anbauen, deren Ligningehalt durch das Verfahren Crispr/Cas9 gentechnisch verändert wurde. Dadurch sollen sich die Bäume leichter zu Papier oder Ethanol verarbeiten lassen. Die Idee ist nicht neu, doch bisher waren die Versuche, industrietaugliche Bäume zu entwickeln, wenig erfolgreich.
Das Holz von Bäumen besteht aus einer Mischung von Lignin, Hemizellulose und Zellulose, wobei das Lignin für die Festigkeit des Holzes sorgt. Um aus Zellulose Papier oder Ethanol (Alkohol) herstellen zu können, muss das Lignin zuvor aufwändig entfernt werden. Wissenschaftler des Flämischen Instituts für Biotechnologie (VIB) haben mit Crispr/Cas9 in Pappeln die Bildung eines Enzyms teilweise blockiert, das die Pflanze benötigt, um Lignin zu produzieren. Die gentechnisch veränderten Pappeln bildeten 19 bis 25 Prozent weniger Lignin und dafür 8 bis 13 Prozent mehr Cellulose, heißt es in der Beschreibung des Freisetzungsversuchs. Allerdings wuchsen die Pappeln bisher nur im Gewächshaus des VIB unter kontrollierten Bedingungen. Nun wollen die Forscher herausfinden, ob sich die gentechnisch induzierten Eigenschaften auch in freier Natur ausbilden – und ob die Pappeln dort wachsen wie normal.
Genau das hat bisher nicht funktioniert. Bereits 2009 und 2014 hatten die VIB-Wissenschaftler Gentech-Pappeln ausgesetzt, bei denen sie (noch mit alter Gentechnik) andere Enzyme aus der Biosynthese von Lignin blockiert hatten. Die Pappeln konnten die guten Ergebnisse aus dem Gewächshaus nicht bestätigen. Die gentechnische Veränderung erwies sich als nicht besonders stabil und die Gentech-Bäume wuchsen langsamer als nicht veränderte Pappeln.
Dieses Mal pflanzen die VIB-Wissenschaftler zwei gentechnisch veränderte Linien und eine Kontrolllinie, die jeweils aus 48 Bäumen bestehen, in einer sogenannten Kurzumtriebsplantage – also dicht hintereinander in einer Reihe. Sie sollen 2025 abgeschnitten, gehäckselt, untersucht und verarbeitet werden. Ein besonderes Risiko sehen die Wissenschaftler nicht und argumentieren, eine veränderte Enzymaktivität könne auch durch natürliche Mutationen vorkommen. Allerdings könne „nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die Modifikation an einer ungünstigen Stelle im Genom der Pappel erfolgt ist und sie infolgedessen noch einen anderen Effekt hat als nur eine Änderung des Lignins“. Auch könne angesichts der langen Generationszeit von Bäumen „nur schwer präzise vorhergesagt werden, welche langfristigen Auswirkungen die modifizierten Eigenschaften in der Natur haben“. Da die Gentech-Pappeln nur vier Jahre lang wachsen, sei eine Blüte und damit eine Weiterverbreitung der Eigenschaften über Samen unwahrscheinlich. Allerdings würden bei einem späteren kommerziellen Anbau diese Gentech-Pappeln nicht schon nach vier Jahren abgeholzt. Sie würden dann nach fünf bis acht Jahren zu blühen beginnen und der Pollen mit den geänderten Eigenschaften könnte sich unkontrolliert verbreiten.
Das belgische VIB ist nicht das einzige Institut, das an Gentech-Pappeln arbeitet. Auch das bundeseigene Thünen-Instititut für Forstgenetik forscht daran, Pappeln mit Crispr/Cas zu verändern. Die Universität von Umea in Schweden arbeitet zusammen mit dem Unternehmen SweTree Technologies an den verwandten Espen (Zitterpappeln). Hier sollen die gentechnischen Veränderungen vor allem das Wachstum beschleunigen. Deren aktueller Freisetzungsversuch wurde 2020 genehmigt. [lf]