Die US-Lebensmittelbehörde FDA erlaubt die Vermarktung von Rindern, deren Gene mit der Crispr/Cas-Technologie verändert wurden. Die Tiere haben sehr kurze Haare, sollen dadurch Hitze besser ertragen können und schneller Fleisch ansetzen. Die FDA stufte die Veränderung vergangene Woche als „risikoarm“ ein und gestattete so, das Fleisch dieser Rinder ohne weitere Risikoprüfung und Kennzeichnung auf den Markt zu bringen. Dies könnte in zwei Jahren der Fall sein, schätzte die Behörde.
Entwickelt hat das Kurzhaar-Rind die Firma Acceligen, indem sie ein Gen namens PRLR verkürzte, das die Haarlänge beeinflusst. Nach Angaben von FDA und Acceligen kommt diese Veränderung auch natürlicherweise bei Rinderrassen vor, die an tropisches Klima angepasst sind. Sie soll sich dominant vererben, so dass Acceligen mit derzeit zwei männlichen Crispr-Kälbern das Erbgut in verschiedene Fleischrinder-Herden einbringen könnte. Die FDA schreibt in ihrer Risikoabschätzung, dass die Freigabe auf die beiden überprüften Rinder, ihre Nachkommen und die daraus hergestellten Produkte wie lebende Tiere, Sperma, Embryonen und Fleisch beschränkt sei.
Die Risikoabschätzung der FDA und ihre Entscheidung, dass es sich um eine risikoarme Veränderung handle, basiert auf den von Acceligen eingereichten Unterlagen. Diese umfassten laut FDA auch eine komplette Genomsequenzierung der Kälber und ihrer gentechnisch unveränderten Eltern. Die FDA-Experten hätten die Sequenzen auf unbeabsichtigte Veränderungen untersucht, die ein Problem für die Tier- oder Lebensmittelsicherheit und ein Risiko für die Umwelt darstellen könnten. Zwar seien etliche unbeabsichtigte Veränderungen festgestellt worden, doch hätten sich daraus keine Sicherheitsbedenken ergeben, schrieb die FDA in ihrer Risikoabschätzung. Aus ihrer Sicht entsprechen die Crispr-Kälber den natürlicherweise vorkommenden Tieren mit verkürztem PRLR-Gen, deren Nutzung seit langem üblich sei und sich als sicher erwiesen habe.
Es ist das erste Mal, dass die FDA ein mit Crispr/Cas verändertes Nutztier für die Lebensmittelproduktion zulässt – und dies auch noch in einem deutlich abgekürzten Verfahren. Steven M. Solomon, Direktor des FDA-Zentrums für Veterinärmedizin geht davon aus, dass die Entscheidung andere Entwickler ermutigen werde, ihre gentechnisch veränderten Tiere zur Risikobestimmung durch die FDA einzureichen. So könnten Tiere mit risikoarmen Veränderungen schneller auf den Markt kommen.
Für die Wissenschaftlerorganisation Center for Science in the Public Interest begrüßte deren Biotechnologie-Experte Greg Jaffe gegenüber der Agentur AP, dass die FDA ihre Entscheidungen vom Einzelfall abhängig mache und nicht generell dereguliere. Er forderte die Behörde auf, ihr Prüfverfahren transparenter zu gestalten und öffentlich zumachen, welche Einzelfälle geprüft würden. Jaydee Hanson von der Verbraucherorganisation Center for Food Safety sagte AP, dass die FDA die Tiere über mehrere Generationen hinweg verfolgen sollte, um sicherzustellen, dass es keine unbeabsichtigten Probleme gebe.
Sollten Steaks dieser Crispr-Rinder in zwei Jahren auf den Markt kommen, könnten sie ungekennzeichnet in die EU importiert werden. Relevanter dürfte sein, dass Zuchtbullen mit dem veränderten Gen oder ihr Samen in die EU eingeführt werden könnten. Damit würde dieses gentechnisch veränderte Erbgut dauerhaft in hiesige Rinderherden eingekreuzt werden und sich verbreiten. In den USA hat der dortige Züchterverband für Rote Angusrinder bereits beschlossen, diese Crisp-Tiere für die Zucht zuzulassen. Acceligen nennt auf seiner Webseite das kanadische Unternehmen Semex als Partner, einer der größten Rinderzüchter der Welt. Der Markt sei nicht auf die USA beschränkt, zitierte AP eine Tiergenetikerin der Universität von Kalifornien: „Seien wir ehrlich, Stiersperma wird in der ganzen Welt verkauft“. [lf]