Im letzten Jahr hatte die US-Firma Pairwise mit viel Tamtam ihren gentechnisch entbitterten Salat aus Senfblättern auf den Markt gebracht. Jetzt will sie diesen Teil ihres Geschäfts wieder loswerden und sich auf lukrativere neue Entwicklungen konzentrieren. Pairwise ist nicht das erste Unternehmen, das feststellen musste, dass sich Crispr-Lebensmittel womöglich schnell entwickeln aber nicht so einfach verkaufen lassen.
Das Unternehmen habe erkannt, dass es nicht über die Ressourcen verfüge, um die Salat-Packungen effektiv zu vermarkten und weiterhin gentechnisch veränderte Produkte zu entwickeln, sagte Pairwise-Geschäftsführer Tom Adams dem Portal FoodNavigator USA: „Jeder Dollar, den wir für Marketing ausgeben, ist ein Dollar, den wir nicht ausgeben können, um das nächste interessante Produkt zu entwickeln“. Deshalb habe man beschlossen, die Vermarktung der Salate nicht zu forcieren, sondern nach einem Partner zu suchen, der in der Salatbranche besser etabliert sei, sagte Adams gegenüber FoodNavigator. In der eigenen Mitteilung spricht Pairwise von einer „Lizenzierung der neu entwickelten Blattgrünsorten an Industriepartner, die über die bestehende Infrastruktur für den Anbau und Vertrieb des Saatguts und der Salatprodukte verfügen.“
Pairwise ist ein Startup, zu dessen Mitgründern Feng Zhang und David Liu gehören, die am Broad Institute im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts das Crispr/Cas-Verfahren mit entwickelt haben. Mit einem eigenen Verfahren, Crispr/Cas 12a, gelang es Pairwise, im braunen Senf (Brassica juncea) die Gene abzuschalten, die für die Bildung der scharfen Senföle verantwortlich sind. Dadurch würden die nährstoffreicheren Senfblätter so mild schmecken wie grüner Salat, versprach das Unternehmen. Es ernannte drei neue Vizepräsident:innen eigens für die Vermarktung und verkaufte das frisch geschnittene und abgepackte Blattgrün unter dem Markenname Conscious Greens seit Mai 2023 an Restaurants und seit August 2023 zusammen mit einem Frischegroßhändler auch an Supermärkte in 20 US-Staaten. Laut Pairwise sei das erste Crispr-Lebensmittel der USA bei den Verbraucher:innen gut angekommen. Gegenüber FoodNavigator sprach Adams von „sehr, sehr positiven Rückmeldungen“ der Verbraucher:innen. Die Markteinführung habe gezeigt, „dass wir mit Crispr ein wohlschmeckendes Produkt entwickeln und vermarkten können, das die Menschen kaufen wollen - das ist ein großer Erfolg“, sagte er in der unternehmenseigenen Mitteilung. Wie gut sich der Crispr-Salat tatsächlich verkaufte ist nicht bekannt. Die öffentliche Suche nach einem Lizenzpartner, der statt Pairwise ins Risiko geht, läßt darauf schließen, dass sich der bisherige Erfolg in Grenzen hielt. Das Problem dürfte sich in ähnlicher Form bald auch für die nächsten Produkte in der Pairwise-Pipeline wie samenlose Brombeeren und Himbeeren stellen.
Pairwise ist nicht das einzige Gentech-Startup, das Schwierigkeiten hat, seine gentechnisch veränderten Lebensmittel zu vermarkten. Das US-Unternehmen Calyxt hatte mit der Genschere Talen eine Sojabohne mit verändertem Fettsäureprofil entwickelt. Es war 2019 das erste Saatgut aus Neuer Gentechnik auf dem US-Markt. Weil die Erträge zu gering waren, verloren die Landwirte schnell das Interesse an der Calyxt-Bohne und das Unternehmen trennte sich von dem Geschäftszweig. Inzwischen musste es wegen finanzieller Probleme mit dem Mitbewerber Cibus fusionieren. Mehrere andere Crispr-Pflanzen wie der nicht-bräunende Romana-Salat von Green Venus stehen seit Jahren kurz vor der Markteinführung, schaffen es aber dann doch nicht in die Regale des US-Einzelhandels. Spitzenreiter ist der von der Universität des US-Staates Pennsylvania entwickelte nicht-bräunende Champignon. Seine Entwickler:innen erhielten bereits 2016 vom US-Landwirtschaftsministerium die Mitteilung, dass ihr Produkt keine Gentechnikzulassung brauche. Zu kaufen gibt es die Pilze dennoch bis heute nicht. [lf]