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Im September 2016 beschloss der deutsche Chemiekonzern Bayer, den US-Mitbewerber Monsanto für 66 Milliarden US-Dollar (59 Milliarden Euro) zu kaufen. Bis Juni 2018 hatten die Kartellbehörden weltweit grünes Licht gegeben mit der Auflage, dass Bayer Geschäftsbereiche - von Gemüsesaatgut bis digitale Landwirtschaft - für 7,6 Milliarden Euro an BASF abgibt. Mit der Fusion entstand der größte Agrarchemiekonzern der Welt mit 104.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von rund 43,5 Milliarden Euro (Zahlen 2019). Seit Mitte 2017 hat sich der Aktienkurs von Bayer halbiert. Denn mit Monsanto haben sich die Deutschen ein schlechtes Image und teure rechtliche Probleme eingekauft. Mehr als zehn Milliarden Euro kostet der bis Herbst 2020 ausgehandelte Vergleich, mit dem Bayer die Glyphosatklagen in den USA beilegen möchte.
Bayer AG: Der Farbstoffhändler Friedrich Bayer gründete das Unternehmen 1863 in Wuppertal und wandelte es 1881 in eine Aktiengesellschaft um. Zu den Farbstoffen kommen Arzneimittel, darunter Aspirin, und andere Chemikalien. Von 1925 bis 1945 schließen sich Bayer, BASF, Hoechst und andere deutsche Chemieunternehmen zur I.G. Farbenindustrie AG zusammen. Nach dem Krieg formen die Allierten aus diesem Monopol ein Dutzend Chemieunternehmen, darunter die 1951 neu gegründete Bayer AG. Diese baut die Produktion von Pestiziden aus, kauft 2001 für 7,25 Milliarden Euro den Mitbewerber Aventis CropScience und bündelt Pestizide und das zunehmende Saatgutgeschäft in der Bayer CropScience. Nach der Fusion mit Monsanto trug das Agrargeschäft 2019 knapp 20 Milliarden zum Umsatz bei. Mit Arzneimitteln setzte der Konzern 23,5 Milliarden Euro um.
Monsanto: Das Unternehmen wurde 1901 im US-Bundesstaat Missouri von John Francis Queeny gegründet und stellte zuerst Saccharin, Vanillin und Koffein her. 1927 ging es an die Börse und begann in den 40-er Jahren das Pestizid DDT sowie polychlorierte Biphenyle zu produzieren. Ab 1960 baute Mosanto die Herstellung von Dünger und Pestiziden aus und wurde im Vietnamkrieg ein wichtiger Lieferant des mit Dioxinen kontaminierten Herbizids Agent Orange. Ab 1980 engagierte sich das Unternehmen in der Gentechnik und stellte 1983 den weltweit ersten Patentantrag für ein gentechnisch veränderte Pflanze, eine Petunie. In der Folgezeit kaufte Monsanto zahlreiche Gentechnik- und Saatgutunternehmen auf und entwickelte sich zum Spezialisten für Agrarchemie und (gentechnisch verändertes) Saatgut.
Von Monsanto stammt die RoundupReady-Sojabohne, die erste im großen Stil angebaute gentechnisch veränderte (gv) Pflanze. Die Resistenz gegen den Herbizidwirkstoff Glyphosat baute Monsanto auch in Raps, Mais und andere Pflanzen ein und vergab Lizenzen dafür. Auch der erste gv-Mais (MON810), der insektengiftige Bt-Toxine entwickelt, wurde von Monsanto auf den Markt gebracht, später dann noch Bt-Baumwolle. 2007 stammten nach Schätzungen der ETC Group 72 Prozent der damals angebauten Gentech-Pflanzen von Monsanto. Wegen zunehmender Resistenzen setzt Monsanto verstärkt auf Gentech-Pflanzen, in denen verschiedene Herbizidresistenten und Bt-Toxine kombiniert werden (stacked events). Auch der bisher einzige trockenresistente gv-Mais stammt von Monsanto.
Glyphosat wurde von Monsanto entwickelt und kam 1974 mit dem Herbizid Roundup auf den Markt. Nach dem Auslaufen des Patents im Jahr 2000 stellten auch andere Unternehmen glyphosathaltige Herbizide her. Doch Monsanto ist weiterhin einer der wichtigsten Produzenten. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft: Die Geschichte von Glyphosat
Bayer setzte bei der Gentechnik auf das hauseigene Herbizid Glufosinat und baute Resistenzen dagegen in Soja, Raps, Reis und andere Pflanzen ein (Markenname LibertyLink). Dieses Geschäft musste der Konzern im Zuge der Monsanto-Übernahme an BASF abgeben. Wikipedia-Eintrag zu Glufosinat
Bayer ist auch einer der wichtigsten Hersteller bienengiftiger Neonicotinoide. Wikipedia-Eintrag zu Neonicotinoide.
Kooperationen, Beteiligungen und Lizenzen ermöglichen es Bayer, Gen-Scheren wie Crispr/Cas in der medizinischen Forschung und der Pflanzenzucht anzuwenden. Auch hat sich der Konzern dadurch das Knowhow kleiner Forschungsunternehmen exklusiv gesichert. Zudem hatten Bayer und Monsanto bis 2018 bereits 30 eigene Patente zu neuen gentechnischen Verfahren in der Pflanzenzüchtung angemeldet.
Testbiotech: Neue Gentechnikverfahren: zunehmende Monopolisierung von Landwirtschaft und Züchtung (29.06.2018)
Bayer arbeitet auch an Pestiziden, die Erbgutschnipsel (so genannte RNA) als Wirkstoff enthalten. RNA-Moleküle sind Kopien eines Genabschnitts auf der DNA. Werden sie in die Zelle aufgenommen, können sie sich dort anlagern und den Abschnitt abschalten. Bei einem lebenswichtigen Gen-Abschnitt würde dies die Zelle abtöten. Gen-ethisches Netzwerk: Ist das Gentechnik oder kann das raus?
Bisher hat dieses Engagement noch nicht zu konkreten Entwicklungen geführt. In der aktuellen Pipeline des Konzerns finden sich vor allem Anwendungen der alten Gentechnik.
Bayer und Monsanto haben zahlreiche Skandale verursacht.
Bei Monsanto hat vor allem die Produktion hochgiftiger Chemikalien wie PCB oder Agent Orange das Image nachhaltig beschädigt. Nach Recherchen von Greenpeace ließ das Unternehmen immer wieder Studien frisieren und leugnete Gefahren. Hinzu kamen mit der Jahrtausendwende Patentstreitigkeiten, bei denen Monsanto von Landwirten Lizenzgebühren verlangte, weil deren Ernte mit Gentech-Pflanzen des Konzerns verunreinigt war. Durch seine Prozesse gegen Monsanto wurde der kanadische Landwirt Percy Schmeiser zu einer Ikone des Gentechnik-Widerstands. Schließlich belegten die Monsanto Papers, wie der Konzern mit Hilfe von Agenturen und bezahlten Wissenschaftlern die Zulassungsbehörden beeinflusste und die Krebsgefahr seines Wirkstoffes Glyphosat verschleierte.
Bayer machte vor allem mit gefährlichen Medikamenten Schlagzeilen, etwa mit dem Cholesterinsenker Lipobay, der Antibabypille Yasminelle mit erhöhtem Thromboserisiko oder dem Gerinnungshemmer Xarelto.
2006 fanden US-Landwirte in ihrem Reis Verunreinigungen mit dem gentechnisch verändertem Reis LL 601 von Bayer. Der Konzern hatte den Reis 2001 versuchsweise in den USA angebaut; er wurde aber nie zugelassen. Weil sie ihren Reis nicht mehr exportieren konnten, musste Bayer die Bauern mit 750 Millionen US-Dollar entschädigen.
Infodienst:Reis-Skandal: Bayer muss 750 Millionen Dollar an Landwirte zahlen
Das Internationale
Monsanto Tribunal
Im Oktober 2016 tagte in Den Haag das Monsanto Tribunal. Eine internationale Gruppe von Umweltaktivisten hatte diese symbolische Gerichtsverhandlung organisiert und fünf namhafte Juristen als Richter gewinnen können. Diese hörten 30 Zeugen an. Darunter waren Bauern, Imker, Anwälte, Gesundheitsexperten und Wissenschaftler. Monsanto war ebenfalls eingeladen, hatte eine Teilnahme aber abgelehnt. Aufgrund der Zeugenaussagen verfassten die Richter ein Rechtsgutachten, in dem sie die Tätigkeiten des Konzerns juristisch analysierten. Darin kamen sie zu dem Schluss, „dass Monsantos Geschäftspraktiken negative Auswirkungen auf das Recht auf eine gesunde Umwelt haben.“ Auch das Recht auf Gesundheit sahen die Richter verletzt.
Die CBG entwickelte sich 1978 aus einer Bürgerini-tiative in Wuppertal und vernetzte sich zunächst deutschlandweit, seit Anfang der 1980er-Jahre auch international. 1983 wurde die Coordination gegen Bayer-Gefahren e.V. als Träger des Netzwerks gegründet. Sie gibt vierteljährlich das Magazin Stichwort Bayer heraus.
Seit 1982 konfrontieren die Aktivisten des Vereins die Aktionäre von Bayer auf der Hauptversammlung damit, wie ihr Unternehmen Gesundheit und Umwelt gefährdet und die Menschnrechte missachtet.
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