Die Zulassung der aktuellen Dicamba-Herbizide von Bayer, BASF und Corteva durch die US-Umweltbehörde EPA wird intern überprüft. Als Termin dafür ist zwar erst der Herbst 2021 vorgesehen. Doch allein die Ankündigung lässt den Druck auf den leichtflüchtigen Wirkstoff Dicamba weiter wachsen. Denn auch ein Gericht überprüft die EPA-Entscheidung.
In den USA gibt es für die Behörden des Bundes eine Generalinspektion, das Office of the Inspector General (OIG). Deren Aufgabe ist es, die Arbeit der Behörden zu begutachten. Die für die Umweltbehörde EPA zuständige Abteilung des OIG hat ihren Inspektionsplan vorgelegt und darin die Dicamba-Inspektion angekündigt. Diese soll feststellen, ob die EPA sich bei der Zulassung an die Anforderungen des Bundes und die Grundsätze der Wissenschaftlichkeit gehalten hat.
Die Umweltbehörde hatte 2016 die Herbizide XtendiMax (Bayer), Engenia (BASF) and FeXapan (Corteva) zugelassen. Sie alle enthielten den in den 60-er Jahren entwickelten Wirkstoff Dicamba und werden seither zusammen mit gentechnisch veränderten, Dicamba-resistenten Baumwoll- und Sojapflanzen von Monsanto verkauft. Damals war längst bekannt, dass der leichtflüchtige Wirkstoff beim Ausbringen vom Wind abgetragen werden und benachbarte Pflanzungen beeinträchtigen kann. Die Hersteller gaben an, das Problem durch neue Rezepturen im Griff zu haben. EPA akzeptierte diese Erklärungen und gab die Pestizide frei. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die neuen Pestizidformulierungen ebenso wie alte Dicamba-Pestizide vom Winde verweht werden und die Nachbarn ohne Dicamba-resistente Pflanzen schädigen. EPA verschärfte daraufhin 2018 die Anwendungsbestimmungen, doch auch das nutzte wenig. Inzwischen haben zahlreiche Farmer Bayer und BASF wegen Dicamba-Schäden verklagt. In einem ersten Verfahren wurden die beiden Konzerne zu 265 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. In diesem Prozess belegten Dokumente, dass die Hersteller Abdriftprobleme von vorneherein einkalkuliert hatten.
Am 21. April verhandelt ein Berufungsgericht des Bundes über die Klage mehrerer Farmer und Umweltgruppen gegen die Zulasssung von XtendiMax durch das EPA. Diese machen geltend, dass EPA bei der Zulassung Bundesvorgaben missachtet habe. Die Behörde selbst kündigte an, im Herbst über gegebenenfalls notwendige weitere Auflagen entscheiden zu wollen. Doch nach wie vor sehe sie in der Abdrift kein grundlegendes Problem, schreibt das Midwest Center for Investigative Reporting. Anders beurteilen das mehrere Universitätsprofessoren. Deren Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Herbizide in der Lage seien, sich nach der Anwendung stunden- und sogar tagelang zu verflüchtigen und vom Zielort zu entfernen, schreibt das Magazin Progressive Farmer.
Die Untersuchung des OIG bezieht sich auch auf einen Paragraphen (Section 24(c)) des bundesweiten Pestizidgesetzes. Dieser erlaubt es den Einzelstaaten, in bestimmten Fällen den Einsatz von Pestiziden trotz EPA-Zulassung zu beschränken. Bei Dicamba nutzen mehrere US-Staaten mit Verweis auf die Abdriftschäden diese Möglichkeit und haben den Dicamba-Einsatz stark reglementiert oder gar verboten. Das EPA sieht darin einen Missbrauch dieses Paragraphen und plant seither, dessen Anwendung einzuschränken. Hier erwarten die Pestizidregulierer in den US-Staaten Rückendeckung durch das OIG. [lf]