UPDATE+++ 60,4 Millionen Menschen in Deutschland können am 26. September 2021 die Abgeordneten für den Bundestag wählen. Auch wenn Gentechnik nicht das beherrschende Thema der Wahl sein wird, so haben die Parteien doch in ihre Wahlprogramme einige Sätze mit ihren Absichten geschrieben.
Im „Programm für Stabilität und Erneuerung“ von CDU/CSU kommt das Wort Gentechnik nicht vor. Im Landwirtschaftsteil steht der Satz: „Digitalisierung und neue molekularbiologische Züchtungstechnologien können die Landwirtschaft umweltfreundlicher und wettbewerbsfähiger machen, Ernten stabil halten bei weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz und geringerem Wasserverbrauch im Klimawandel.“ CDU/CSU wollen deshalb „einen verantwortungsvollen, auf klaren Regeln basierenden Einsatz der neuen Züchtungstechnologien ermöglichen“. Sie versprechen, sich „für eine Modernisierung des europäischen Rechtsrahmens“ einzusetzen. Das im Programm von 2017 abgelehnte Klonen von Tieren erwähnen die beiden Parteien diesmal nicht.
„Deutschland. Alles ist drin“ heißt das Wahlprogrammm von Bündnis 90/Die Grünen. Drin ist als Leibild für die Landwirtschaft eine „ sich weiter entwickelnde ökologische Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-synthetischen Pestiziden“. Bezogen auf neue gentechnische Verfahren wollen die Grünen „einerseits die Freiheit der Forschung gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließen“. Deshalb wollen sie „an einem strengen Zulassungsverfahren und am europäisch verankerten Vorsorgeprinzip festhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung, die unkontrollierbare Verbreitung ausschließt, sowie eine verbindliche Kennzeichnung, die gentechnikfreie Produktion und dieWahlfreiheit der Verbraucher*innen schützt, nötig“. Auch sollen Risiko- und Nachweisforschung gestärkt werden. Das Patentrecht wollen die Grünen so ausrichten, „dass es keine Patente auf Lebewesen und ihre genetische Anlagen mehr gibt.“ Die Anwendung von Gene Drives soll ausgeschlosen werden.
Im „Zukunftsprogramm der SPD“ kommt die Landwirtschaft nur kurz im Kapitel „Natur respektieren“ vor. Dort findet sich auch der einzige Satz des Programms zum Thema Gentechnik: „Wir bleiben beim Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen“. Mehr ist nicht. Selbst das Wort Biotechnologie kommt nur einmal vor – im Zusammenhang mit Rüstungskontrolle.
Die FDP bekennt sich in ihrem Wahlprogramm klar zur Agro-Gentechnik: „Grüne Gentechnik eröffnet neue Möglichkeiten, um Böden zu schonen, Biodiversität zu fördern und die Effizienz des Betriebsmitteleinsatzes zu erhöhen“, schreiben die Freien Demokraten und fordern „Technologieoffenheit für die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft“. Für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen müssten daher „aktuelle und wissenschaftlich basierte Zulassungskriterien gelten. Ebenso setzen wir uns für die zügige Zulassung von In-vitro-Fleisch in der EU ein.“ Auch verspricht die FDP, „alle Innovationen in Züchtung, Pflanzenschutz, Digitalisierung und anderen Bereichen“, zu unterstützen, wenn sie dazu beitragen, die Belastung der Umwelt zu minimieren. Generell wollen die Freien Demokraten „ für politische Entscheidungen das Innovationsprinzip ergänzend zum Vorsorgeprinzip“ einführen. Bei der Folgenabschätzung solle nicht nur auf mögliche Risiken einer Maßnahme geschaut werden.
Die Linke schreibt in ihrem Wahlprogramm: „Wir wollen den Anbau und den Handel mit gentechnisch veränderten Pflanzen, auch aus neuen Gentechnikverfahren, verbieten.“ Das Verbot soll auch für Importe gelten. Stärken will die Linke die klassische gentechnikfreie und die ökologische Züchtung mit höheren Fördermitteln. Das Klonen von Tieren soll verboten bleiben. Zudem will die Linke „eine Kennzeichnung von importierten Lebensmitteln, die aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen hergestellt werden“. Verboten werden sollen „Patente auf Leben“. Zudem verspricht die Linke, sich für „ein globales Moratorium über die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen“ einzusetzen.
Die AFD schreibt in ihrem Wahlprogramm, sie wolle „eine Aufklärungsinitiative über den heute schon sichtbaren Nutzen der Gentechnik ins Leben rufen und einen pragmatischen Ordnungsrahmen für diese Technik schaffen“. Die wissenschaftliche Nutzen- und Risikobewertung von Wirkstoffen sowie des Umgangs mit Giftpflanzen und Gentechnik müssten „unabhängige Forschungseinrichtungen“ übernehmen.
Längst nicht alle Versprechen schaffen es nach der Wahl auch in die Koalitionsverträge. Deshalb lohnt ein Blick in die Vereinbarung der neuen grün-schwarzen Regierung in Baden-Württemberg. „Agro-Gentechnik wollen wir weder auf unseren Tellern noch auf unseren Äckern, in unseren Wäldern oder im Futter unserer Tiere“, heißt es dort. Deshalb wolle man „konsequent alle landespolitischen Spielräume nutzen, um Baden-Württemberg gentechnikfrei zu halten“. Neue gentechnische Verfahren müssten, wie andere Technologien auch, „mit Blick auf ihre Chancen, Risiken und ökologischen sowie sozioökonomischen Folgen umfassend auf wissenschaftlicher Grundlage bewertet werden. Wir halten bei den neuen gentechnischen Methoden am strengen Zulassungsverfahren und am europäisch verankerten Vorsorgeprinzip fest.“ Auch lehnt die neue Landesregierung die Zulassung und Freisetzung von Gene-Drive-Organismen ab und fordert ein Freisetzungsmoratorium. Im zeitgleich unterschriebenen rot-grün-gelben Koalitionsvertrag von Rheinland-Pfalz hingegen kommt das Thema Gentechnik nicht vor. [lf]
Update: Beim Progamm der Linken wurden die Formulierungen aus dem Programmentwurf durch die endgültige Version ersetzt (02.07.21).