Das RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed, Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel) ist ein behördliches Informationsnetzwerk, in dem die Behörden der EU-Mitgliedstaaten melden, dass sie gesundheitlich bedenkliche Lebens- oder Futtermittel gefunden haben. Dabei kann die Gesundheitsgefahr von Schimmelpilzgiften, Salmonellen, verbotenen Pestiziden oder nicht zugelassenen gentechnischen Verunreinigungen ausgehen. Letztere bilden seit 2002 eine eigene Kategorie, weshalb die ägyptischen Wissenschaftler:innen ihre Recherche zu diesem Zeitpunkt begannen. Sie griffen dabei auf den öffentlich zugänglichen Teil des RASFF zurück, der die wichtigsten Angaben zu den Meldungen enthält, wie Zeitpunkt der Funde, beteiligte EU-Staaten oder betroffene Nahrungsmittel. Details zu den beanstandeten Lieferungen, beteiligten Firmen oder den konkreten gentechnischen Events sind auf der Webseite nicht frei einsehbar.
Die Forschenden fanden von 2002 bis 2023 827 Meldungen, von denen 724 Lebensmittel und 103 Futtermittel betrafen. Bei den Lebensmittelmeldungen entfielen 58 Prozent auf Reis, 15 Prozent auf Leinsaat und 11 Prozent auf Papaya. Nahrungsergänzungen und Lebensmittelenzyme lagen auf den Plätzen vier und fünf. Bei Futtermitteln waren am häufigsten Reis, Mais und Leinsaat verunreinigt. Die verunreinigten Lebensmittel kamen in 35 Prozent aller Fälle aus China. Die USA folgten mit 20 Prozent und Thailand mit acht Prozent. Dort waren vor allem Papayas betroffen. Bei den beanstandeten Futtermitteln führte die USA knapp vor China.
Der zeitliche Verlauf der Meldungen zeigt eine Grundbelastung von 10 bis 30 Vorgängen im Jahr mit einigen Spitzen, die sich konkreten Verunreinigungsfällen zuordnen lassen: So tauchte etwa 2006 der Gentechreis LL601 in Reisimporten aus den USA auf, 2009 die Gentech-Leinsaat FP967 (Triffid) aus Kanada in deutschen Backwaren. Gentechnisch verunreinigter Reis aus China (meist der Event BT63) bestimmte die Spitzen in den Jahren 2012, 2013 und 2021.
Die mit Abstand meisten Lebensmittelmeldungen kamen mit 27 Prozent aus Deutschland. Die Autor:innen der Studie führen dies neben der Menge an Importen auch auf ein stringentes Regelwerk und proaktives Monitoring zurück. Sie bedauern, dass sich aus den öffentlich zugänglichen Daten nicht ablesen lässt, wie groß die beanstandeten Lieferungen waren. Auch gebe es keine Daten, wie hoch die Beanstandungsquote bezogen auf bestimmten Warengruppen und Lieferländer sei. Die Forschenden empfehlen der EU-Politik, sich auf Hochrisiko-Produkte zu fokussieren und die Rückverfolgbarkeit zu verbessern.
Die RASFF-Zahlen betreffen nur unerlaubte Gentechnikbestandteile in Lebens- und Futtermitteln, die von den Überwachungsbehörden selbst festgestellt oder ihnen gemeldet wurden. Nicht darin enthalten sind Verunreinigungen im Saatgut sowie in Rohstofflieferungen, die von Verarbeitern wegen gentechnisch veränderter Bestandteile zurückgewiesen wurden. Unerwähnt lässt die Studie, dass die aufgelisteten Verunreinigungen über die Jahre Kosten in Milliardenhöhe verursacht haben. Denn sie führten zu Rückrufen, Warenvernichtung und Importbeschränkungen. Ebenso verschlingt der Schutz vor Verunreinigungen Geld, etwa durch strikte Trennung von Warenströmen und zahllose Analysen. [lf]