Wie berichtet hatte die polnische Ratspräsidentschaft die Fassung der Ratsposition zur NGT-Verordnung aus dem Jahr 2024 um Regeln zu Patenten ergänzt. Am Montag trafen sich die Mitgliedstaaten in einer Arbeitsgruppe der europäischen Agrarministerien zu Gentechnik in der Landwirtschaft (Working Party on Genetic Resources and Innovation in Agriculture), um den polnischen Vorschlag zu besprechen. Dabei hatten die Diplomaten vor allem Fragen und Vorbehalte im Gepäck. Sie bemängelten gut informierten Kreisen zufolge, dass die vorgeschlagenen Patentregelungen unvereinbar seien mit dem bestehenden Patentrecht und dem TRIPS-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der geistigen Eigentumsrechte. Auch wäre der administrative Aufwand für die vorgeschlagenen Regelungen zu groß. Manche Mitgliedstaaten kritisierten laut der Quelle ferner, die vorgeschlagene nationale Opt out-Regelung würde zu Rechtsunsicherheiten für Züchter:innen führen.
Aufgrund der vielen Unklarheiten haben viele Mitgliedsstaaten Zeit für eine genauere Prüfung verlangt – und auch bekommen. Sie sollen nun bis zur nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe am 14. Februar ihre Position formal festlegen. Ob es der polnischen Ratspräsidentschaft dann gelingen wird, daraus einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu zimmern ist offen - und wenig wahrscheinlich. Denn die gut informierten Kreise berichteten, dass es auch im Pro-Gentechnik-Lager kritische Stimmen gab, denen die polnischen Regelungsvorschläge bereits zu weit gehen.
Enttäuscht über das polnische Vorgehen zeigten sich europaweit auch zahlreiche gentechnikkritische Organisationen. Sie erinnerten den polnischen Landwirtschaftsminister Czesław Siekierski an die Positionen, die er und seine Regierung noch vor einem Jahr im Ministerrat vertreten hatten. Damals verlangte Polen, alle NGT-Produkte zu kennzeichnen, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, die Wahlfreiheit der Verbraucher:innen zu erhalten und den ökologischen Landbau vor Verunreinigungen zu schützen. Außerdem forderte Polen, es müsse sichergestellt sein, dass NGT-Pflanzen der Kategorie 1, für die die rechtlichen Ausnahmen gelten sollen, nicht patentiert werden dürfen.
Der aktuelle polnische Vorschlag berücksichtigt diese Forderungen nur ansatzweise. Das kritisierte Ratspapier von 2024 haben die Polen lediglich um eine Regelung ergänzt, dass patentiertes NGT-Saatgut eigens als solches gekennzeichnet werden soll und die Mitgliedstaaten dessen Anbau auf ihrem Gebiet unter bestimmten Bedingungen einschränken oder ganz untersagen können.
„Bedauerlicherweise scheinen Sie nun bereit zu sein, das Vertrauen der Verbraucher zu untergraben“, schrieben die Organisationen dem Minister vergangene Woche. Er erschwere es den Landwirtinnen und Lebensmittelproduzenten - einschließlich derjenigen im Bio-Sektor - die von den Verbraucher:innen geforderten gentechnikfreien Lebensmittel anzubieten. Außerdem löse sein Vorschlag das Kernproblem des Patentstreits nicht: dass sich die Macht auf dem Saatgutmarkt bei den Patentinhabern konzentrieren wird. Die Organisationen forderten den Minister auf, den Gesetzesvorschlag so zu ändern, dass er Landwirte und Züchterinnen vor patentiertem gentechnisch verändertem Saatgut schützt und den Verbrauchern die Möglichkeit gibt, sich für gentechnikfreie Lebensmittel zu entscheiden. [lf/vef]